Ausstellung »The World of Tim Burton« in Brühl

Tim Burton mit seinen Gemälden von Margaret Keane

Tim Burton mit seinen Gemälden von Margaret Keane, © Foto: Leah Gallo

Tim Burton ist ein Regisseur, der an das Bild glaubt. Mit »The World of Tim Burton« widmet das Max Ernst Museum dem künstlerischen Schaffen des US-Filmemachers eine Ausstellung

Ein schwarz-weiß-gestreiftes Schlangenmonster bricht aus einem Sandmeer hervor, öffnet seinen Rachen und offenbart den Kopf eines zweiten Schlangenmonsters. Auf dem gekringelten Hügel eines Kürbisfeldes besingt der König von Halloweentown im Vollmondschein seine innere Leere. Der Mars entsendet eine Armada von fliegenden Untertassen, die in kuriosen Flugformationen Kurs auf die Erde nehmen. Keine Frage: Die Bilder von Tim Burton sind längst in das kollektive Pop-Gedächtnis eingegangen.

Seit 30 Jahren hat der visionäre Fantasy-Regisseur mit dem Hang zum Makabren das Kino mit Filmen wie Beetlejuice (1988), Nightmare Before Christmas (1993), Mars Attacks! (1996) oder Charlie und die Schokoladenfabrik (2005) bereichert. Jetzt ist seine ausgeprägte Imagination nicht nur sicht- sondern auch begehbar: In der Ausstellung »The World of Tim Burton« im Max Ernst Museum in Brühl des LVR haben Besucher vom 16.08.2015 bis zum 03.01.2016 die Möglichkeit, die Bildkunst des Regisseurs über das Kino hinaus in über 400 Zeichnungen, Polaroid-Fotografien, Malereien, Puppenfiguren und persönlichen Dokumenten zu erkunden. »The World of Tim Burton« eröffnet am 15. August in Anwesenheit des Künstlers.

Ein Außenseiter erobert Hollywood

Alles beginnt mit einer Zeichnung. In einem traumartigen Zustand des automatischen Zeichnens kritzelt Tim Burton die Skizze eines Jungen mit struppigen Haaren, dunklen Augen und Scheren als Hände. Edward mit den Scherenhänden ist geboren. In der grotesken Figur verarbeitet Burton seine Erfahrung als Heranwachsender in einer amerikanischen Vorstadt: Die Unfähigkeit, Kontakt zur Außenwelt aufzunehmen, die Angst, durch Berührung zu verletzen, der Schmerz, als Sonderling ausgegrenzt zu sein. Im Konflikt zwischen Individuum und Gesellschaft steht Burton auf der Seite des Monsters, des missverstandenen Außenseiters. Seine schwarzromantischen Bilder stellen die Perspektive auf die Dinge selbst auf den Kopf: Drinnen ist draußen, hell ist grässlich und dunkel ist schön.

Sprichwörtlich aufgewachsen im Schatten Hollywoods – seine kalifornische Heimatstadt Burbanks beherbergt unter anderem Warner Bros. und die Walt Disney Comany – faszinierte Burton sich nie für die strahlende Oberfläche der Traumfabrik, sondern stets für ihr dunkles Negativ. B-Movies, Horror-Trash und europäisches Arthouse boten einen reichen Nährboden für die Fantasie des Filmemachers. Es war die Faszination für das Absonderliche, das Abwegige und Verdrängte, die seine Liebe für (gescheiterte) Künstlerpersönlichkeiten wie Edward D. Wood, Jr. oder die aus der Mode geratene Stop Motion-Tricktechnik eines Ray Harryhausens entfachte.

Als postmoderner Bricoleur bringt er in seinen Filmen all dies zusammen: Mühelos kombiniert er in Dark Shadows die expressiven Farben von Mario Bava und Roger Cormans Bildinszenierung mit der Counter Culture der 1970er Jahre. Bevor Burton Hollywood mit seinen Fledermausmännern, kopflosen Reitern und grünen Marsmännchen eroberte, ging er zunächst bei Disney als Animationskünstler in die Lehre. Dort realisierte er für 600.000 $ seinen ersten Kurzfilm Vincent, eine Hommage an die Horror-Ikone Vincent Price. Nach seinem erfolgreichen Regie-Debüt Pee-wees irre Abenteuer (1985) gelang Burton mit dem Multimillionen-Dollar-Projekt Batman (1989) der Durchbruch. Mit der Comic-Verfilmung bewies Burton, dass er selbst bei großen Studioarbeiten seine Künstler-Handschrift bewahren konnte. Mittlerweile ist sein »burtonesker« Stil zur Marke geworden. 

Die ultimative Rache des Kunst-Nerds

Im Rahmen der Tim Burton-Retrospektive im Museum of Modern Arts schrieb die New York Times, dass die Karriere des Künstlers die »ultimate revenge of the art nerd« sei. Damals lehnte Disney noch seine Konzept-Entwürfe für Taran und der Zauberkessel (1985) ab – Burtons karnevaleske Skizzen waren nicht mit dem familienfreundlichen Stil des Mauskonzerns vereinbar. Heute werden sie in Museen ausgestellt.

In »The World of Tim Burton« wird der lange Weg vom unangepassten Disney-Trainee zum einflussreichen Künstler unserer Zeit spürbar. Die große Werkschau feierte bereits in Prag, Tokio und Osaka große Erfolge und lädt nun auch in Deutschland dazu ein, Burton multimedial zu entdecken. Unveröffentlichte Skizzen und Storyboards sind ebenso zu sehen wie frühe Super 8-Filme und Musikvideos. Inspiriert durch Burtons Visionen kann man in Workshops zum Stop Motion-Trickfilm oder Comic-Zeichnen seinen eigenen kreativen Ideen freien Lauf lassen. Die begleitende Filmreihe im Filmhauskino Köln zeigt eine Auswahl von Burtons Filmen zusammen mit ihren cineastischen Vorbildern. Organisiert wird die Ausstellung vom Max Ernst Museum Brühl des LVR und der unabhängigen Kuratorin Jenny He in Zusammenarbeit mit Tim Burton Productions.

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