07/2017

In diesem Heft

Tipp

am Mi., den 12.7. in Frankfurt am Main – epd Film-Redakteur Rudolf Worschech spricht mit dem Regisseur Andres Veiel über »Beuys«
27. Juli bis 5. August, Fünfseenland – An fünf oberbayerischen Seen wird unter anderem ein vielfältiges Kinder- und Jugendfilmprogramm geboten. Die Filme sollen Anhaltspunkte für Filmarbeit in der Schule liefern. Mitmachaktionen mit den jungen Zuschauern vertiefen das Verständnis dafür, wie Film funktioniert
19. bis 23. Juli, Stuttgart – Seit 2004 veranstaltet das Filmbüro Baden- Württemberg Europas größtes indisches Filmfestival. Im Wettbewerb werden fünf Preise für Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme vergeben; der »Indian Summer« mit Vernissagen, Ausstellungen, Tanzvorführungen und Vorträgen ergänzt das Programm
13. bis 16 . Juli, Ludwigsburg – Das größte und älteste Filmfestival zum Thema Umwelt, Natur, Nachhaltigkeit und Tiere lässt in diesem Jahr wieder zahlreiche Filme in verschiedenen Kategorien um Preise wie den Deutschen Umwelt- und Nachhaltigkeitsfilmpreis kämpfen. Doch neben Filmen gibt es im Rahmen des Festivals auch eine Kleidertauschbörse, einen Science Slam und ein Open-Air-Kino mit nachhaltigem Markt
12. bis 30. Juli, Frankfurt-Höchst – Auf der Terrasse des Höchster Schlosses läuft ab Mitte Juli von mittwochs bis sonntags ein spezielles Kurzfilmprogramm mit Arbeiten aus Deutschland . Begleitet werden die Vorführungen von Gesprächen mit den Filmemachern und Livemusik
30. Juni bis 8. Juli, Karlovy Vary – Der Klassiker unter den mitteleuropäischen Festivals präsentiert jedes Jahr mehr als 200 Premieren internationaler Produktionen. Der Fokus liegt auf dem osteuropäischen Kino, in diesem Jahr unter anderem vertreten durch neue Filme von Boris Khlebnikov, George Ovashvili und Krzysztof Krauze. Westprominenz wird mit dem Schauspieler Casey Affleck erwartet
2. bis 11. Juli, Berlin & Brandenburg – Das Festival zeigt Filme, die das ständig im Wandel begriffene, vielfältige jüdische Leben in Deutschland, Israel, Europa und dem Rest der Welt abbilden. Eröffnet wird in diesem Jahr mit Radu Mihăileanus hochkarätig besetzter »Geschichte der Liebe«
Im Jahr 1715 erliegt der Sonnenkönig einer nekrotischen Erkrankung des Beines. Kein spektakulärer Tod, vielmehr ein mähliches Verdämmern, von Albert Serra als Trance in Szene gesetzt und von Jean-Pierre Léaud mit minimalen Mitteln und höchstmöglicher Intensität auf größten Effekt hin gespielt. Selten ist Stillstand im Kino derart spannend, selten ist so wenig derart viel

Thema

. . . und diesmal mitten im Sommer: Am Sonntag, dem 16. Juli 2017, startet die siebte Staffel der HBO-Serie »Game of Thrones«. Auf das endgültige Finale müssen die Fans noch mindestens ein Jahr warten – bis dahin bleiben viele Fragen offen. Einige beantwortet Ihnen Barbara Schweizerhof
Unsere "steile These" des Monats Juli
Gerade einmal 50 geworden, scheint Nicole Kidman immer noch produktiver, wandlungsfähiger und besser zu werden. Zwischen Blockbustern und kleinen Indie-Filmen, roten Teppichen und ihrer eigenen Produktionsfirma beweist die Australierin nebenbei auch erstaunlichen Mut zum Schrägen. Patrick Seyboth über ihre späten Filme
Seit fünfzehn Jahren hat der Franzose Jean-Pierre Léaud, bekannt geworden als Antoine Doinel bei Truffaut, keine tragende Rolle mehr gespielt. Jetzt meldet er sich zurück: kraftvoll – obwohl er den sterbenden Sonnenkönig spielt

Meldung

Am bewegten Bild kommt die Kunst nicht mehr ­vorbei. Auch auf der 14. documenta nicht, die in Kassel im Juni ­eröffnet wurde. Thomas Meder hat sich im Zwischenreich der Videoinstallationen und ­Experimentalfilme ­umgeschaut
Helene Hegemann, 25, bekam für ihren Film »Torpedo« 2009 den Max-Ophüls-Preis und machte 2010 mit dem Roman »Axolotl Roadkill« Furore. Die Kinoadaption, bei der Hegemann auch Regie führte, startet am 29. Juni

Filmkritik

Aus dem einstigen Superverbrecher und Mis­anthropen Gru ist ein Familienvater geworden, dem sein verschollen geglaubter Bruder ins Leben tritt. »Ich – Einfach unverbesserlich 3« hat immer noch tolle Einfälle und den besten Oberschurken der Serie
Der »Chronist vergessener schwuler Geschichte« (Deutschlandfunk) widmet sich in einem ebenso lehrreichen wie unterhaltsamen autobiografisch angehauchten dokumentarischen Multiporträt dem schwulen Westberlin der Nach-68er-Jahre: »Mein wunderbares West-Berlin«
Für welchen von zwei Männern würde sich Kati (Jessica Schwarz) entscheiden, wenn die Zeit fünf Jahre zurückgedreht wird? Aus dem Zeitreise-Szenario von Kerstin Gier kann Pepe Danquart in »Auf der anderen Seite ist das Gras viel grüner« nur laue Romcom-Funken schlagen
Eleanor Coppolas autobiografisches Roadmovie über eine Amerikanerin in der französischen Provinz scheitert durch die biedere Inszenierung. Statt Magie gibt es ein klischeehaftes Frankreichbild. Das kann auch die wie immer gute Diane Lane nicht retten
Eine dänische Regisseurin dreht einen Film über die heroische Epoche des britischen Kinos: Liebevoll erweist die Verfilmung des Romans von Lissa Evans durch Lone Scherfig den Frauen und Männern ihre Reverenz, die während des Blitzkriegs unverbrüchlich an die Macht der Bilder glaubten: »Ihre beste Stunde«
Mit der amüsant erzählten Geschichte eines schwarzen Paares, das ein weißes Baby adop­tiert, lotet Lucien Jean-Baptiste als Regisseur und Hauptdarsteller in »Zum Verwechseln ähnlich« gleichzeitig zwei Formen von Vorurteilen und Fremdenfeindlichkeit aus
Geboren werden, Freunde finden, zur Schule gehen, heiraten, alt werden und sterben, das alles ist in einen Tag gepackt und von hervorragenden Darstellern gespielt: als Leben einer Eintagsfliege. Von einem mitreißenden Soundtrack amüsant kommentiert, lässt »Nur ein Tag« nicht eine Sekunde Zweifel am Glück der drei Freunde aufkommen
Craig Johnson kann sich auf einen wunderbar aufgelegten Woody Harrelson im Misanthropen-Modus und allerlei amüsante Momente (nicht zuletzt in Interaktion mit sehenswerten Partnerinnen wie Laura Dern, Judy Greer oder Margo Martindale) verlassen. Die Leichtigkeit, mit der er noch in The Skeleton Twins Tragikomik aus dem Ärmel schüttelte, geht ihm dieses Mal allerdings ab. Und was Daniel Clowes-Adaptionen angeht, kommt »Wilson – Der Weltverbesserer« auch an »Ghost World« nicht heran
Eine Mischung aus Charakterstudie und Politthriller in der Lobbyistenszene. Mit scharfen Dialogen gewürzt, doch leider auch zwei oder drei Wendungen zu viel versehen, kann sich John Maddens Film »Die Erfindung der Wahrheit« immerhin ganz auf seine Hauptdarstellerin Jessica Chastain verlassen, die der eiskalten Protagonistin eine faszinierend-rätselhafte Aura verleiht
Die Romanverfilmung über ein zwischen der Shoah und dem heutigen New York verschollenes Manuskript und eine verlorene Liebe im jüdischen Emigrantenmilieu verzettelt sich zwischen vielen Themen und Figuren, ist aber dennoch unterhaltsam
Sofia Coppolas Neuverfilmung eines Don-Siegel-Klassikers besticht durch seine betörende Kameraarbeit, eine magische Atmosphäre und ein fast durchweg hervorragendes Ensemble. Zugleich leidet »Die Verführten« aber unter einer allzu braven Ausarbeitung der zentralen Konflikte um Lust, Lügen und Hass
Der britische Filmemacher und Kameramann Alex Gabbay (»Just Trial and Error«) kreist in seinem Dokumentarfilm um unterschiedlichste Aspekte von Fairness und Ungleichheit, verzettelt sich aber nach der gelungenen Präsentation einiger interessanter Experimente in der Fülle seines Materials
Als die Matriarchin mit 49 Jahren schwanger wird, muss sich in ihrer chaotischen Familie einiges ändern: »Das unerwartete Glück der Familie Payan« ist eine sympathische Sozialkomödie, deren Reiz in der liebevollen und klugen Studie einer kleinbürgerlichen Familie liegt – und an der großartigen Karin Viard als Schwangere am Rande eines Nervenzusammenbruchs
Der Couturier Dries van Noten ist einer der letzten Unabhängigen im Moderummel, Holzemers Film »Dries« zeigt sachlich und unspektakulär Glück und Schattenseiten des Geschäfts
Während einer fantastischen Flucht durch die Wälder verwandelt sich ein Ornithologe nach und nach in einen Wiedergänger des heiligen Antonius von Padua. João Pedro Rodrigues' fünfter Spielfilm »Der Ornithologe« ist das poetische Glaubensbekenntnis eines radikalen Künstlers, der die Welt nach seinen eigenen Vorstellungen formt
Im Jahr 1715 erliegt der Sonnenkönig einer nekrotischen Erkrankung des Beines. Kein spektakulärer Tod, vielmehr ein mähliches Verdämmern, von Albert Serra als Trance in Szene gesetzt und von Jean-Pierre Léaud mit minimalsten Mitteln und höchstmöglicher Intensität auf größten Effekt hin gespielt. Selten ist Stillstand im Kino derart spannend, selten ist so wenig derart viel wie in »Der Tod von Ludwig XIV.«
Als der junge Jean in einer Pastetenfabrik in seiner Kollegin den einstigen Schlagerstar Laura erkennt, bewegt er sie zu einem Comeback – als Manager und als sehr junger Liebhaber. Isabelle Huppert glänzt in der Rolle der Vergessenen, die sich ein Stück weit selbst wiederentdeckt: »Ein Chanson für Dich«
Als Manana ihrer Familie mitteilt, dass sie in Zukunft alleine leben will, schlägt das ein wie eine Bombe. Warum will sie mit über fünfzig ihr Leben ändern? Der wunderbare Familienfilm »Meine glückliche Familie« erzählt von der Emanzipation einer Mutter und Ehefrau
Nach dem Tod seines Vaters kommt ein Schauspieler zurück ins Ruhrgebiet, wo er zur eigenen Überraschung wahre Heimatgefühle entwickelt. »Sommerfest« ist eine sanfte Komödie von Sönke Wortmann nach dem Roman von Frank Goosen. Wahrhaftiges steht neben Klischeehaftem, hübsche Momente neben etwas zu konstruiertem Lokalkolorit
Wieder ein deutscher Genrefilm, der es in sich hat. An sehr begrenzten Orten, einem Auto, dem feuchten Raum einer Baustelle oder einer Tankstelle inszeniert Ken Duken Beklemmungen. Wenn aus einem harmlos erscheinenden Anhalter ein Attentäter wird, wird die Fahrt zum Horrortrip: »Berlin Falling«
Helene Hegemann erzählt in der Adaption ihres eigenen Romans von den wilden Streifzügen der jungen Berlinerin Mifti. »Axolotl Overkill« überzeugt trotz einiger Durchhänger mit cleveren Dialogen, Herz und Attitüde
Zwei frustrierte Ehemänner in der dänischen Provinz heuern einen russischen Auftragskiller an, um sich ihrer Frauen zu ent­ledigen. »Small Town Killers« ist eine schwarze Komödie, die sich in ihrer politischen Unkorrektheit sonnt, aber den Figuren – mit Ausnahme des Killers – kaum Entwicklungsmöglichkeiten zugesteht
Entschieden manipulatives Drama über das Wohl eines hochbegabten Kindes, um das vor Gericht gestritten wird. Trotz eindeutiger Polarisierungen und dank stimmiger Besetzung überzeugen zumindest die Figurenzeichnungen
Die Neuverfilmung eines alten »Mumien«-Stoffes überzeugt als Leistungsschau von atemlosen Verfolgungsjagden und CGI-Tricks, setzt aber gestalterisch und atmosphärisch kaum neue Akzente
»Wonder Woman« ist eine unterhaltsame Comicverfilmung mit einer hervorragend besetzten Hauptdarstellerin, die im Laufe ihrer zweieinhalbstündigen Laufzeit aber zusehends in allzu bekannte Muster abdriftet

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