Kritik zu Vergebung

Warner Bros.

2009
Original-Titel: 
Luftslottet som sprängdes
Filmstart in Deutschland: 
03.06.2010
L: 
147 Min
FSK: 
16

Dem Erscheinen des geheimnisumwitterten vierten Manuskripts muss man nicht unbedingt mit Spannung entgegenfiebern: Stieg Larssons »Millennium«-Trilogie findet mit Vergebung einen zufriedenstellenden Abschluss

Bewertung: 3
Leserbewertung
3
3 (Stimmen: 1)

Auch Figuren, die zusammengehören und -halten, die einander eng in Sympathie und mit gleichem Ziel verbunden sind, werden mitunter zu Rivalen: Sie buhlen um unsere Aufmerksamkeit und Sympathie. Stieg Larssons »Millenium«-Trilogie basiert auf der Unzertrennlichkeit ihrer Protagonisten. Sie und ihre Verfilmungen wären nie ein solches Phänomen geworden, wenn nur der investigative Journalist Mikael Blomkvist im Zentrum gestanden hätte. Erst in der Erfindung Lisbeth Salander erweist sich ihre Originalität. Aber sie allein hätte wiederum die Geschichten auch nicht getragen. Denn Blomkvist macht ihren privaten Rachefeldzug zu einer Angelegenheit der Öffentlichkeit: Gemeinsam reißen sie der schwedischen Gesellschaft die Maske herunter.

Die beiden ersten Verfilmungen taten gut daran, sich dieser Parallelführung von Rebellion und Recherche anzuvertrauen. Ihre Spannung erwächst daraus, dass ihre beiden Protagonisten einander regelmäßig abhandenkommen und sich wiederfinden. Ihre Komplizenschaft ist konfliktbeladen, aber widerstandsfähig. Im dritten Teil findet nun eine Verschiebung statt. Das ruppige Energiebündel Lisbeth (Noomi Rapace) ist nach dem Cliffhangerende des Vorgängers lebensgefährlich verletzt, zunächst an ihr Krankenbett gefesselt und findet sich sodann als Angeklagte vor Gericht wieder.

Lisbeths erzwungene Passivität ist eine folgenreiche erzählerische Herausforderung. Nicht nur Blomkvist (Michael Nyqvist) übernimmt von ihr die Stafette, indem er es zur alleinigen Aufgabe seiner Zeitschrift macht, ihren Ruf zu rehabilitieren und damit auf einen Freispruch zu dringen. Der Enthüllungsjournalist spannt zusätzlich noch Lisbeths fürsorglichen Arzt, den erfindungsreichen Hacker Plague, seine Schwester (als Verteidigerin) sowie die Sicherheitsfirma, bei der Lisbeth im ersten Teil beschäftigt war, für seine Kampagne ein. Selbst der schwedische Geheimdienst zieht mit ihnen an einem Strang, um eine geheime Zelle in den eigenen Reihen dingfest zu machen, die offenbar einzig zum Schutz von Lisbeths Vater, einem übergelaufenen Sowjetagenten, gegründet wurde.

Diese Verschwörung der Guten, bei der der Kampf für Gerechtigkeit und uneingestandene Verliebtheiten ein unauflösliches Bündnis schließen, gewinnt über immerhin 148 Kinominuten eine hübsch kolportagehafte Wucht, die Regisseur Daniel Alfredson nicht im Mindesten geniert. Geschickt knüpft Ulf Rydbergs Drehbuch die bisherigen Fäden zusammen. Das verborgene Thema des Films ist die Ermächtigung. Sie ist als Generationskonflikt angelegt. In Lisbeths Namen wird mit dem Beharrungsvermögen der alten Männer abgerechnet, die die politische Macht nicht abgeben wollen. Die Schurken sind allesamt Herren weit jenseits der Pensionsgrenze, die an letzten Krankheiten leiden und schändliche Neigungen hegen. Rücksichtslos und wehmütig bestellen sie ihr Haus. Man hinge die Messlatte gewiss etwas hoch, wollte man Larssons Trilogie als Parabel auf die Alterswehen einer Demokratie deuten. Aber der schwedischen Krimitradition, die das Genre zum Anlass nimmt, Gesellschaftsporträts von düsterer Abgründigkeit zu entwerfen, macht Vergebung allemal Ehre.

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