Kritik zu Ramen Shop

© Neue Visionen Filmverleih

Eine Suppe bringt in Eric Khoos Familiendrama die verschiedenen Generationen und Ethnien einer Familie über Kriegserfahrungen und andere historische Altlasten hinweg wieder zusammen

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Ramen – so nennt sich die japanische Suppenspezialität, die eigentlich ein Arme-Leute-Gericht war, nach dem Zweiten Weltkrieg zum Volksessen avancierte und seit einigen Jahren von Toronto bis Berlin auch die westliche Gastronomie­szene erobert. Das Geheimnis der Nudelsuppe liegt in der Brühe, die mit Hühnerschenkeln, Schweinebauch und verschiedenen Gewürzen und Gemüsen auf kleiner Flamme bis zu acht Stunden vor sich hinköchelt. Dazu kommen dann zumeist hausgemachte Nudeln, ein Stück Schweinefleisch und ein halbiertes gekochtes Ei, welches das einfache Gericht zum echten Hingucker macht. Am besten wird Ramen jedoch durch die Geräusche beschrieben, die beim Essen der Suppe entstehen. Ein Ramen-Restaurant ist erfüllt von ungehemmten Schlürfgeräuschen, unter denen die heißen Nudeln aus der Schüssel in den Mund hinein gesogen werden. Gefolgt von einem wohligen Grummeln, wenn die gehaltvolle Brühe ausgelöffelt wird.

Diese zufriedenen Essgeräusche stehen auch am Anfang von Eric Khoos »Ramen Shop«. Der junge Masato (Takumi Saitoh) arbeitet als Juniorkoch im väterlichen Restaurant. Glücklich und zufrieden zitschelt die Kundschaft die Ramen-Nudeln in sich rein. Der Vater hingegen ist nie über den frühen Tod seiner Frau hinweggekommen und ergibt sich dem Alkohol. Eines Morgens liegt er tot vor dem Herd, auf dem die Brühe vor sich hinköchelt. Nach der Beerdigung macht sich Masato auf nach Singapur, wo seine Eltern sich kennengelernt haben und er die ersten zehn Lebensjahre verbracht hat.

Der Vater nämlich war zur Zeit des Wirtschaftsbooms aus Japan ausgewandert. Die Familie mütterlicherseits kam aus China nach Singapur, wo sie eine florierende Suppenküche aufbaute. Der Geruch und Geschmack der legendären Rippchensuppe seines Onkels gehört zu den liebsten Kindheitserinnerungen Masatos, und so macht er sich auf eine kulinarische und familiäre Spurensuche durch die Stadt. Er erfährt von den unausgesöhnten Konflikten: Die Großmutter, deren Mann im Krieg von japanischen Besatzern ermordet wurde, hat Masatos Mutter nie verziehen, dass sie einen Japaner geheiratet hat. Auch den Enkel will sie nicht sehen. Also versucht Masato die Oma mit Ramen-Kochkünsten für sich zu gewinnen. Dass nicht nur Liebe, sondern vor allem auch Familie durch den Magen geht, ist die schlüssige Grundannahme von Khoos »Ramen Shop« – schließlich sind die Gerichte der Kindheit oft ein direkter Schlüssel zur familiären Erinnerungsarbeit. Geschmeidig verbindet der singapurische Filmemacher kulinarische Streifzüge durch seine multikulturelle Heimatstadt, in der die verschiedenen asiatischen Küchentraditionen miteinander in Dialog treten, mit historischen Exkursen und einer herzergreifenden Familiengeschichte, die von Emigration und Weltkriegserfahrungen handelt. Dass am Ende eine gute Ramen-Suppe alle Generationen wieder miteinander versöhnt, ist sicherlich kein überraschendes Happy End, man nimmt es jedoch mit fundiertem Wohlwollen in sich auf.

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