Kritik zu Inferno

© Sony Pictures

Die Schnitzeljagd geht weiter: Tom Hanks alias Robert Langdon hetzt wieder einmal durch die italienische Kulturgeschichte

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Der Roman »Inferno« von Dan Brown erschien vor drei Jahren unter großen Sicherheitsvorkehrungen. Die  Übersetzer arbeiteten in Italien unter strenger Aufsicht, damit über den Bestseller in spe nichts nach draußen dringen konnte. In einem Liveticker haben nach dem Erscheinen dann »Focus« und »Bild« den Roman einer Lektüre unterzogen. Nun, »Focus« war schneller. Und unmittelbar nach dem Erscheinen war klar, dass es eine Verfilmung mit dem bewährten Team Ron Howard/Tom Hanks geben würde.

Natürlich gehorcht auch die dritte Adaption wieder den erfolgsversprechenden Strickmustern der beiden Teile davor – und dem Erfolgsrezept der vier Bücher um den Harvard-Professor Robert Langdon, für den gleich eine eigene Wissenschaft erfunden wurde: die »Symbologie«. Kombinationsfähiger älterer Herr trifft hübsche und zupackende jüngere Dame, sinistre Geheimgesellschaften treiben ihr Unwesen, die Erkenntnisse schreiten fort durch eine Tour de force durch die europäische Kulturgeschichte, und die Reise führt zu Orten, die der Bildungsbürger schon immer mal besuchen wollte. Oder besucht hat.

Mitunter wundert man sich allerdings, wieso ein Wissenschaftler, der seit Jahrzehnten nichts anderes macht, als sich mit Codes und Symbolen zu beschäftigen, so lange zum Entschlüsseln braucht. Die Erkenntnisse tröpfeln mitunter. In »Inferno« hat das endlich einen durchaus plausiblen Grund: der Herr Professor leidet unter Amnesie, zumindest einer temporären. In Florenz erwacht er im Krankenhaus quasi in den Händen der jungen Ärztin Sienna Brooks (Felicity Jones), und kann sich an die letzten zwei Tage, außer an einen Albtraum, nicht erinnern. Aber schon dräut die Gefahr, als eine terminatorähnliche Killerin in Carbinieri-Gestalt es auf Langdon abgesehen hat. Der flüchtet mit der Ärztin in deren Wohnung, wo sie ihm eröffnet, dass er eine Biotube bei sich hat, ein Gefäß, das normalerweise zum Transport hochinfektiöser Substanzen benutzt wird. Bei Langdon steckt allerdings eine Reproduktion von Botticellis Gemälde »Mappa dell'inferno« drin – mit eingestreuten Hinweisen natürlich. Rätsel über Rätsel. Dante Alighieri ist so etwas wie der Angelpunkt in Buch und Film.

Ging es in »Sakrileg« um den Heiligen Gral und die Umdeutung beziehungsweise Fortsetzung der biblischen Heilsgeschichte und in »Illuminati« immerhin um ein Attentat mithilfe von Antimaterie auf den Vatikan, so ist die Verschwörung in »Inferno« global. Der Multimilliardär und Wissenschaftler Zobrist hat ein Virus kreiert, das einen Großteil der an Überbevölkerung leidenden Menschheit ausrotten soll, damit die Spezies überleben möge. Darwin 2.0 gewissermaßen. Und nach den Sehenswürdigkeiten in Florenz führt die Jagd noch nach Venedig und Istanbul, wo der Doge Enrico Dandolo begraben liegt; verfolgt wird Langdon von einer Geheimorganisation und den Agenten der Weltgesundheitsorganisation.

So weit, so erprobt. Allerdings gibt es in »Inferno« ein paar Einfälle, die den Film nicht ganz so formelhaft erscheinen lassen wie zuletzt »Illuminati«. Professor Langdon ist durchaus zu Gefühlen fähig, er war einmal mit der späteren Leiterin der WHO liiert, beide haben sich aber für ihre Arbeit entschieden – von einer Fernbeziehung scheint man in Wissenschaftlerkreisen wenig zu halten. Die so nett wirkende Ärztin und Gefährtin Sienna Brooks, man ahnt es vielleicht schon, wird noch ein äußerst ungutes Eigenleben entwickeln. Und Irrfan Khan (»Life of Pi«) hat die vielleicht beste Nebenrolle im bisherigen Dan-Brown-Universum: als Leiter der Geheimorganisation Konsortium ist er ein sardonischer assassino mit beeindruckendem Witz.

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