Kritik zu I Can Only Imagine

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Überraschend wirkungsvoll und manchmal beinahe cool: Wie der Erfolgssong, der ihm den Titel liefert, funktioniert dieses Drama um die steinige Karriere des Sängers Bart Millard nicht nur für Fans christ­licher Popmusik

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Zehn Minuten – länger habe er nicht gebraucht, um »I Can Only Imagine« zu schreiben. Das Lied erstürmte Platz 1 der US-Charts und avancierte zu einem der erfolgreichsten christlichen Popsongs. Im gleichnamigen Biopic, das den steinigen Weg zum Gipfel nachzeichnet, werden diese zehn Minuten zu einer modernen Passionsgeschichte. Bart Millard, ein in den USA bekannter Singer-Songwriter, durchlebt eine ziemlich verkorkste Kindheit. Der zu Gewaltausbrüchen neigende Vater sieht in seinem Sohn nur den künftigen Footballstar. Doch eine Verletzung vereitelt die sportliche Karriere. Als Bart kurz darauf, nachdem zufällig sein musikalisches Talent entdeckt wurde, bei einer Schulaufführung die Hauptrolle in einem Musical singt, verachtet der hartherzige Vater seinen mutmaßlich verweichlichten Sohn. Die Mutter hatte sich schon vor geraumer Zeit aus dem Staub gemacht. Und so ist Bart, als er mit seiner Band durch Kleinstädte tingelt, der einsamste Mensch auf der Welt. Bis er irgendwann die frohe Botschaft erhört und die Dinge sich nach einer harten Prüfung zum Besseren wenden.

Nein, die Geschichte ist nicht, wie man erwarten könnte, kitschig inszeniert. Dennis Quaid spielt den verknöcherten Vater eher zurückhaltend, die von ihm ausgehende Gewalt ist nur erahnbar. Und der Kinodebütant J. Michael Finley verkörpert den Frontmann der Band MercyMe ohne Starallüren. Dank diesem Understatement avancierte der Independentfilm des Regieduos Andrew und Jon Erwin überraschend zum Kassenerfolg. Man muss allerdings berücksichtigen, dass es in den USA eine breite Szene für christliche Popmusik gibt, in deren Diskursfeld dieses Biopic einzuordnen ist. »I Can Only Imagine«, der Film, erzählt nicht nur die Entstehungsgeschichte des gleichnamigen Hits. Er ist zugleich eine dramatische Exegese dieses Refrains, der auf das christliche Motiv der Gnade anspielt.

So muss Bart eines Tages, als er nach langer Zeit mal wieder bei seinem alten Herrn vorbeischaut, erfahren, dass diesem aufgrund einer Krebserkrankung nicht mehr viel Zeit bleibt. Der Vater, inzwischen bekennender Christ, bittet seinen Sohn vor seinem Ableben um Vergebung. Bart wünscht ihn jedoch zur Hölle. Als er dem Alten dann doch verzeiht, ist die Belohnung dafür jene zehnminütige Inspiration, die ihm das Lied eingibt: In diesem Song stellt Bart sich vor, wie der tote Vater ihm von oben zusieht – wobei der leibliche und der himmlische Vater übereinandergeblendet werden. Diese Wendung wird jedoch beiläufig und beinahe cool erzählt. Der Film will nicht auf die naive Weise missionieren.

Aus Millards Autobiografie, die er mit einem Koautor während der Dreharbeiten verfasste, ist allerdings zu erfahren, dass viele relevante Aspekte aus Millards Leben weggelassen oder verändert wurden. So starb der Vater schon zehn Jahre bevor Bart das Lied komponierte. Verschwiegen wird ebenso, dass der Vater erst infolge eines medizinischen Problems gewalttätig wurde – er lag nach einem Unfall lange im Koma. Die frohe Botschaft ist doch etwas hingebogen worden. Schade eigentlich.

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Kommentare

Ein super-toller Film! Unbedingt sehenswert!

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