Kritik zu Easy Money

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Mit einem Bein in der Stockholmer High Society, mit dem anderen immer tiefer im Verbrechen. Die Gangsterballade nach einem Roman von Jens Lapidus erzählt vom hohen Preis für das schnelle Geld

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Noch bevor der Filmtitel erscheint, werden die drei Hauptfiguren vorgestellt, in knappen, hart geschnittenen Vignetten, die Rhythmus und Tonfall des gesamten Films vorgeben: Jorge, der aus dem Gefängnis ausbricht und dem die serbische Mafia auf den Fersen ist; Mrado, bei den Serben der Mann fürs Grobe, der ihn finden soll; und »JW«, Student der Wirtschaftswissenschaften, der aus einfachsten Verhältnissen stammt, aber den Sohn aus reichem Hause mimt.

Der junge Regisseur Daniel Espinosa widmet allen drei Protagonisten fast gleich viel Aufmerksamkeit, doch in der Figur des JW (Joel Kinnaman) laufen die Handlungsstränge und Motive zusammen. Eine gebrochene Figur, hochintelligent und sensibel, zugleich aber getrieben und maßlos. Um mit seinen elitären Freunden bei Partys, Koks und Trips aufs Land mitzuhalten, reichen seine Einkünfte als Taxifahrer und Ghostwriter für Kommilitonen kaum aus, und als er die reiche Sophie kennenlernt, muss schnell mehr Geld her. So steigt er in die Drogengeschäfte seines Taxichefs Abdulkarim ein – und gerät schnell in den Sog der dunklen Geschäfte. Dass Sophie ihn auch ohne Reichtum lieben würde, kann er nicht glauben. So führen ihn seine Lügen und seine Gier in eine Welt, wo Gier, Lügen und Gewalt regieren und in der Jorge und Mrado längst zu Hause sind. JW, der sich zunächst für ziemlich clever hält, merkt zu spät, auf was er sich eingelassen hat.

Easy Money hat bereits ein paar enge Verwandte im skandinavischen Thrillergenre, vor allem Nicolas Winding Refns Pusher ist er in der harten Milieuzeichnung und in seinem kantigen Stil sehr nah. In einigen Aspekten allerdings geriert er sich »mainstreamiger«, etwa in den ein wenig überladenen privaten Hintergründen von Mrado und Jorge. Doch sobald man das anbiedernd finden könnte, nimmt einen die schiere Wucht von Espinosas Inszenierung wieder gefangen. Außer mit schockhaften Ausbrüchen von Gewalt erfasst sie einen auch mit subtilen, ja zärtlichen Szenen. Etwa wenn sich JW und Sophie kennenlernen – eine wunderbare Szene, die mit bekokster Überdrehtheit nach einer Party beginnt und dann bei einem Spaziergang im Morgengrauen ganz schwebend und unschuldig den Beginn einer Liebe skizziert.

Diese Szene gibt die Fallhöhe vor. Umso härter wirkt das schnelle Zerbrechen der Beziehung an JWs Doppelleben, umso schärfer der Kontrast zur Unterwelt, deren Gesetze Espinosa in vielen Details sinnfällig macht. Nichts Cooles, keinen Glanz hat das Gangstertum, das Easy Money zeigt. Das leichte Geld ist schmutziges Geld, und um mehr von ihm zu bekommen, verrät man auch angebliche Freunde. Nebenbei zeigt der Film auch, dass Oberschicht und Unterwelt untrennbar miteinander verbunden sind: durch das Kokain, welches die einen dealen und die anderen konsumieren; durch Bankgeschäfte, die JW für den Drogenring Abdulkarims einfädelt. Doch wehe, wenn diese Welten sich nicht mehr trennen lassen. Panisch wird JW, als er bei einem Essen mit Sophie und ihren Eltern einen Blutfleck an seinem Ärmel entdeckt – mitgebracht von einer Strafaktion in jener anderen Welt.

Dem düsteren Sog seiner Höllenfahrt kann man sich als Zuschauer kaum entziehen. Der unruhige Dogmastil der Kamera und die vielen Jump-Cuts sind hier stimmig; sie spiegeln das Gehetztsein und die eingeschränkte Perspektive der Figuren. Dass die Kamera von Aril Wretblad trotz dieser Dynamik immer wieder subtile, auch poetische Lichtstimmungen erschafft, verleiht dem Film umso mehr Kraft.

Easy Money war von Anfang an als Trilogie angelegt. Nach dem immensen Kassenerfolg in Schweden ist der zweite Teil nun in Vorbereitung.

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