Kritik zu Die zwei Päpste

© Netflix

2019
Original-Titel: 
The Two Popes
Filmstart in Deutschland: 
05.12.2019
Heimkinostart: 
20.12.2019
L: 
125 Min
FSK: 
12

Anthony Hopkins und Jonathan Pryce brillieren in Fernando Meireilles Drama als Pontifexe ganz unterschiedlicher Art und entwerfen dabei Szenarien, wie sie gewesen sein können, aber nicht müssen

Bewertung: 4
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Es war einer dieser seltenen Momente in der Geschichte der katholischen Kirche, als der erzkonservative Papst Benedikt XVI. im Frühjahr 2013 auf sein Amt verzichtete. Der moderne, reformwillige argentinische Kardinal Bergoglio wurde sein Nachfolger. Es ist die große Kunst, die große Faszination des Kinos allemal, Szenarien zu entwerfen, Illusionen zu schaffen, die so real sind, dass niemand nach der Wahrhaftigkeit fragt. Anthony McCarten (»Die dunkelste Stunde«, 2018) hat die Geschichte einer möglichen Begegnung von Papst Benedikt und dem späteren Papst Franziskus geschrieben und daraus ein Drehbuch gemacht, das Fernando Meirelles (»City of God«, 2002) nun großartig in Szene gesetzt hat.

Die Geschichte setzt mit dem Tod von Papst Johannes Paul II. und der Papstwahl 2005 ein. Der bürgernahe Bergoglio galt da schon vielen als Favorit. Jahre später, 2013, reist er auf eigene Faust in die Sommerresidenz in Castel Gandolfo, um seinen Rücktritt als Kardinal persönlich beim Papst einzureichen, lieber will er wieder als Gemeindepfarrer in Argentinien arbeiten. Doch Benedikt lehnt das Ersuchen ab – auch um in der Welt nicht den Anschein zu erwecken, er würde einen modernen Kardinal ausschalten.

Es sind ein paar intime (fiktive) Tage in der Sommerresidenz und im Vatikan, in denen McCarten und Meirelles die beiden gegensätzlichen Charaktere aufeinandertreffen lassen, den intellektuellen, steifen Benedikt, stets im weißen Papstgewand, und den lebensnahen Fußball- und Tangofan Bergoglio im schwarzen Kardinalstalar, der Etikette und Eitelkeiten ignoriert. Kulissen – hier die herrschaftliche Sommerresidenz und die pompösen Gebäude des Vatikans, auf der anderen Seite ein lebhaftes, schmutziges Buenos Aires – porträtieren dabei vielleicht ein wenig sehr plakativ und doch wie nebenbei diese beiden Charaktere.

Die Stärke des Filmes liegt in erster Linie in den geistreichen und vor allem hoch­amüsanten Dialogen. Die beiden Geistlichen liefern sich Wortgefechte über den Glauben, den Katechismus und Ratzingers Lieblingsserie »Kommissar Rex«. Genau davon lebt der gut zweistündige Film, der nur kurze Zeit in die Kinos kommt, dann bei Netflix zu sehen sein wird. Dabei hat er die große Leinwand verdient, um die eindrucksvollen Bilder, die ausdrucksstarken Gesichter der beiden großartigen Hauptdarsteller Anthony Hopkins (Benedikt) und Jonathan Pryce (Bergoglio) auf sich wirken zu lassen. In Schwarz-Weiß-Rückblenden blickt Bergoglio auf seine Entscheidung für das Priesteramt als junger Mann zurück, sein oftmals kritisiertes Schweigen während der Zeit der Junta streifen diese Rückblenden nur kurz. Bei Ratzinger bleiben diese aus. 

Es ist ein wohlwollender Blick, den der Filmemacher auf diese beiden Männer wirft. Brisante Themen wie der massenhafte Kindesmissbrauch klingen zwar an, bleiben aber an der Oberfläche. Und trotzdem ist Meirelles' »Narrative Non-Fiction«, wie der Verlag die Literaturvorlage klassifiziert, ein in seiner Art kluges und sehr unterhaltsames Filmerlebnis. Es kann alles so gewesen sein, muss es aber nicht. 

Meinung zum Thema

Kommentare

Ein großartiger, kurzweiliger und geistreicher Film! Und er zeigt, dass Päpste auch nur Menschen sind.

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