Permanenter Link Gespeichert von Heinz Balzer am 13. Juli 2021 - 11:14
Leserbrief zur Rezension von NOMADLAND
Kein Zweifel: Frances MacDormands schauspielerische Leistung ist grandios. Die Nahaufnahmen ihres Gesichts, ihre Mimik und Gestik vemitteln mit großer Intensität die Gemütszustände der Protagonisten. Kamera und Regie geben dafür viel Raum und dadurch wird alles sehr glaubwürdig. Der Zuschauer versetzt sich schnell in die Rolle der Fern (sinniger Name).
Aber es ist nicht ein „Schicksal“, dass ihr passiert. Der Verlust von Arbeitsplatz und Dach über dem Kopf und die fehlende soziale Absicherung sind Ergebnis eines wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Systems, das menschengemacht ist. Wer nicht mehr gebraucht wird ist draußen. Die Antwort des Films darauf: Man kann trotzdem glücklich werden. Wenn man sicht fügt und den allüberall guten Menschen vertraut. Schlechte Menschen scheint es in dieser Welt der Nomaden in den USA übrigens gar nicht zu geben. Keine Gewalt, keine Unfreundlichkeit, keine Verachtung und Häme der Arrivierten. Scheint ja alles, was wir bisweilen von diesem Land hörten und sahen – etwa in Wim Wenders „land of plenty“ - nicht oder nicht mehr zu stimmen. Alles halb so schlimm. Dran gewöhnen und dieses Leben beizeiten annehmen. So geht`s
Die große Tapferkeit von Fern und die Focusserung auf ihre individuelle Geschichte vermittelt unter diesen Umstände letztendlich die Botschaft: Füge dich in die (neoliberalen)Verhältnisse; es liegt an dir, das Beste daraus zu machen und zufrieden zu sein. Eine feine Schönfärberei für die Realität in „gods own country“.
Nachbemerkung:
Brechts war gegen das dramatische Theater, weil es den Zuschauer schnell dazu bringt, sich in die Rolle der Protagonisten zu versetzen und die Ursachen von deren schwieriger Lage nicht zu sehen. Sowas ähnliches passiert auch in „Nomadland“.
Nomadland
Leserbrief zur Rezension von NOMADLAND
Kein Zweifel: Frances MacDormands schauspielerische Leistung ist grandios. Die Nahaufnahmen ihres Gesichts, ihre Mimik und Gestik vemitteln mit großer Intensität die Gemütszustände der Protagonisten. Kamera und Regie geben dafür viel Raum und dadurch wird alles sehr glaubwürdig. Der Zuschauer versetzt sich schnell in die Rolle der Fern (sinniger Name).
Aber es ist nicht ein „Schicksal“, dass ihr passiert. Der Verlust von Arbeitsplatz und Dach über dem Kopf und die fehlende soziale Absicherung sind Ergebnis eines wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Systems, das menschengemacht ist. Wer nicht mehr gebraucht wird ist draußen. Die Antwort des Films darauf: Man kann trotzdem glücklich werden. Wenn man sicht fügt und den allüberall guten Menschen vertraut. Schlechte Menschen scheint es in dieser Welt der Nomaden in den USA übrigens gar nicht zu geben. Keine Gewalt, keine Unfreundlichkeit, keine Verachtung und Häme der Arrivierten. Scheint ja alles, was wir bisweilen von diesem Land hörten und sahen – etwa in Wim Wenders „land of plenty“ - nicht oder nicht mehr zu stimmen. Alles halb so schlimm. Dran gewöhnen und dieses Leben beizeiten annehmen. So geht`s
Die große Tapferkeit von Fern und die Focusserung auf ihre individuelle Geschichte vermittelt unter diesen Umstände letztendlich die Botschaft: Füge dich in die (neoliberalen)Verhältnisse; es liegt an dir, das Beste daraus zu machen und zufrieden zu sein. Eine feine Schönfärberei für die Realität in „gods own country“.
Nachbemerkung:
Brechts war gegen das dramatische Theater, weil es den Zuschauer schnell dazu bringt, sich in die Rolle der Protagonisten zu versetzen und die Ursachen von deren schwieriger Lage nicht zu sehen. Sowas ähnliches passiert auch in „Nomadland“.
Heinz Balzer, Berlin, hb
alzer@posteo.de