Kritik zu Sauacker

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Tobias Müller begleitet in seinem Dokumentarfilm einen schwäbischen Jungbauern bei der Übernahme des Familienunternehmens und zeigt ehrlich die Widrigkeiten, mit denen ein bäuerlicher Familienbetrieb heute zu kämpfen hat

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Jeder isch dr Schmied vo seim Glück«, lässt sich Philipp in Sütterlinschrift auf den Unterarm tätowieren. Daneben die Zahl 1725 – das Jahr, in dem seine Familie den Bauernhof im schwäbischen Laiz gegründet hat. Schon in der zehnten Generation beackern die Kienles die heimatliche Scholle. Aber das Motto auf Philipps Unterarm zeigt nicht nur den Stolz auf die Familientradition. In den Worten steckt auch eine Menge Trotz. Sicherlich lebt das Bauerndasein maßgeblich vom persönlichen Einsatz. Gleichzeitig können wie in kaum einem anderen Berufszweig äußere Faktoren die individuelle Leistung wieder zunichte machen. Was früher Unwetter und Missernten waren, sind heute der Weltmarkt und neue EU-Normen. In seinem Dokumentarfilm Sauacker blickt Tobias Müller auf den bäuerlichen Familienbetrieb als ein mögliches Auslaufmodell.

Philipp Kienle ist fast dreißig und soll bald den Hof von seinem Vater übernehmen. Die beiden arbeiten zu Beginn bei der Geburt eines Kalbes Hand in Hand. Aber der Schein trügt. Denn der Generationskonflikt zwischen Vater und Sohn wird in dem kriselnden Landwirtschaftsbetrieb unter verschärften Bedingungen ausgetragen. Der Hof ist hoch verschuldet und die Technik veraltet. Die gesunkenen Fleisch- und Milchpreise haben den Betrieb noch weiter in die Verlustzone gebracht. Der Vater zieht früh mit Stirnlampe um den Kopf los, um Zeitungen auszutragen, damit die Familie über die Runden kommt. Philipp arbeitet Schicht in einem Metallbetrieb und setzt sich nach Feierabend noch auf den Trecker. Er weiß, dass das Familienunternehmen dringend modernisiert werden muss, doch der Vater will an seinen bewährten Konzepten festhalten.

»Optimierungsfähig nach oben«, bezeichnet Philipp den Betrieb im Gespräch  mit der Bank. Hier prallen die Welten aufeinander, weil das, was der Hof für die Familie bedeutet, nicht in den Bilanzen auftaucht. Der Finanzberater erklärt, dass er seine Kunden genauso bewerten muss wie der Bauer seine Kühe nach der Milchabgabe. Er ist sich der Implikation seiner Allegorie nicht bewusst. Schließlich landet die Kuh, die nicht genug Milch gibt, beim Abdecker. Aufgeben ist für Philipp keine Option, auch wenn er sich beim Arbeiten immer wieder das Knie auskugelt und die Beziehung mit seiner langjährigen Freundin Manuela, die sich mehr fürs Zeichnen als fürs Stallausmisten interessiert, in die Brüche geht. Dass die Frauen der Kienles immer unter dem Primat des Hofes gelitten haben, davon kann Philipps Mutter, die als Apothekenangestellte nach der Hochzeit zur Bäuerin umschulen musste, einiges erzählen.

Was an Sauacker beeindruckt, ist die Ehrlichkeit, mit der die Interviewten mit sich und ihrer Situation ins Gericht gehen. Die Konflikte werden ohne Dokusoap-Anflüge vor der Kamera ausgetragen und da wird kein Blatt vor den Mund genommen. Auch wenn der Film deutlich zeigt, dass eine neue EU-Schweinestallverordnung einen Betrieb in die Knie zwingen kann, hält sich Sauacker von allen agitatorischen Zwischentönen fern. Das formal eher konventionelle Konzept bleibt immer dicht dran an den Figuren, die sich als Individuen und nicht als Prototypen durch den Film bewegen.

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