Kritik zu Männerherzen

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Die Krise der Maskulinität ist ja eigentlich die Krise des je einzelnen Mannes. In Simon Verhoevens Episodenfilm wird sie unter anderem von Til Schweiger und Christian Ulmen bewältigt. Auf die man in diesem Zusammenhang leicht kommen kann

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Man erkennt die Beziehungskomödie, die in den neunziger Jahren das deutsche Kino mit unlustiger Ödnis schlug, auf den ersten Blick nicht wieder. Männerherzen von Simon Verhoeven ist ein Hybrid ganz eigener Art. Der Film überführt die chromblitzenden Milieus dieser Zeit (Werbefuzzi, Musikproduzent) als zeitlose Erfolgsgeschäfte in ein manchmal durchaus schmuddeliges Berlin; er versammelt im vagen Zusammenhang eines Episodenfilms Schauspieler (Christian Ulmen als schüchterner Gewerbeaufsichtsbeamter, Justus von Dohnanyi als Schlagerstar), die den Karikaturen, die sie spielen, Tiefe verleihen können, und er überführt die ins Männliche gewendeten Ildiko-von-Kürthy-Stanzen in einen cliphaften, szenischen Humor.

Der zweite Blick beruhigt dann aber wieder: Männerherzen regrediert in genau den Konservatismus, der schon für die Katja-Riemann-Komödien typisch war. Das Fitnessstudio ist der Tummelplatz von fünf Modellen der Männlichkeit, für die es darum geht, den Kampf gegen sich selbst zu gewinnen, damit das Glück der Ehe genossen werden kann, auf das die jeweiligen Frauen schon immer gewartet haben. Til Schweiger gibt als Musikproduzent Jerome den Obermacker, der jeden Abend eine andere gut aussehende Frau klarmacht – zur Not auch zwei. Florian David Fitz spielt den Werber Niklas, der – kurz bevor er seine Beziehung mit Laura (Liane Forestieri) durch Hochzeit und Reihenhauskauf zementiert – versucht, privat so erfolgreich zu sein wie im Beruf und sich auf ein Techtelmechtel mit einer Soap-Darstellerin einlässt (Inez Björg David). Maxim Mehmet spielt dessen Schulfreund Philip, der seinem prekären Leben Halt durch Erfolg geben will, damit seine Freundin Nina, die kindergärtnernde Grafikdesignerin (Jana Pallaske), das gemeinsame Kind nicht abtreiben muss. Wotan Wilke Möhring spielt den U-Bahn-Schaffner Roland, der durch den Suizid eines Fahrgastes traumatisiert ist und seine Frau Susanne (Nadja Uhl) schlägt. Weshalb sie wiederum den Avancen des schusseligen Bürokraten Günther (Ulmen) zugleich offen und reserviert gegenübersteht – die Angst, dass Roland Günther dauerhaft etwas antut, ist erst gebannt, als sich für Roland eine neue Perspektive in Gestalt der Krankenschwester Beate (Birge Schade) auftut.

Um das altbackene Geschlechterbild zu verstehen, mit dem Männerherzen die ausgestellte Krise der Männlichkeit zu überwinden sucht, braucht man nicht einmal zu beklagen, dass die Frauen hier keine andere Aufgabe haben, als Projektionsflächen der männlichen Unzulänglichkeit darzustellen. Man muss auch nicht den Platz kritisieren, den Schwule in diesem Setting einnehmen, die dem heterosexuellen Mann Einfühlsamkeit einhauchen und ihm den Druck nehmen, besonders männlich sein zu müssen. Es reicht völlig, sich die Beziehung von Rolands und Susannes Kind zu seiner Kindergartenfreundin anzuschauen, die sich denkbar früh ewige Treue schwören. Die Botschaft lautet: Zwar ist es nie zu spät, als Musikproduzent, der alle Frauen haben kann, zur Jugendliebe ins Hessische zurückzukehren. Besser aber ist es, die Fehler der Til-Schweiger-Figur gar nicht erst zu machen.

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