Kritik zu Der geheime Roman des Monsieur Pick

© Neue Visionen Filmverleih

Wer war's? In dieser Krimikomödie geht ein Literaturkritiker auf die Suche nach dem wahren Autor eines zufällig entdeckten Meisterwerks

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Die Verlagsangestellte Daphné ist mit dem jungen Schriftsteller Frédéric liiert, der bisher vergeblich auf seinen Durchbruch wartet. Auf einem Kurzurlaub des Paares bei Daphnés Vater in der Bretagne erfährt sie von einer in ihrem Heimatdorf eingerichteten »Bibliothek der abgelehnten Bücher«, in der Autoren ihre unveröffentlichten Manuskripte deponieren können. Stets auf der Suche nach Talenten, entdeckt sie dort ein Meisterwerk. Als Autor von »Die letzten Stunden einer großen Liebe« hat ein gewisser Henri Pick gezeichnet. Pick, seit zwei Jahren verstorben, war Pizzabäcker. Seine Witwe, die ihren Mann nie lesen und höchstens mal einen Einkaufszettel schreiben sah, kann sich diesen Fund nicht erklären. Auch dank dieser mysteriösen Back­story wird das Buch zum Sensationserfolg. Nur der hochfahrende Literatur­kritiker Jean-Michel Rouche weigert sich, an dieses märchenhafte Narrativ zu glauben. Als er in seiner Literatursendung die biedere Witwe indirekt der Lüge bezichtigt, wird er hochkant gefeuert. Seine Frau, die das Buch liebt, wirft ihn auch raus. Rouche will das nicht auf sich sitzen lassen. Er fährt in die Bretagne und betätigt sich mit der anfangs widerwilligen Hilfe von Picks Tochter, die sich selbst als Bücherwurm erweist, als ­Literaturdetektiv.

Ergebene Leser wissen, dass die besten Romane diejenigen sind, in denen es um andere Romane geht. In dieser freien Adaption eines Buchs von David Foenkinos, dessen Geschichten bereits mehrmals auf die Leinwand fanden (»Nathalie küsst«, »Zu Ende ist alles erst am Schluss«), wird das bisher ignorierte Elend hinter den Kulissen der ­Bücherwelt gewürdigt: Manuskripte, die keinen Verleger finden; die Tragik ungelesener Autoren. Die Literaturgeschichte ist voll von Klassikern, die es um ein Haar nicht geben würde, darunter »Harry Potter«.

Foenkinos Roman ist zwar auch eine Satire auf Literaturzirkus und Marketing der Verlage. Diese Aspekte aber bleiben in der flotten Verfilmung eher zweitrangig. Wenn Rouche und Joséphine den vielen Fährten des Falles nachgehen, erblühen stattdessen lauter hübsche Vignetten, in denen das Wechselspiel zwischen Buchstabe und Leserfantasie und die Folgen in der Realität veranschaulicht werden. So wird ein Verschlag in Picks Restaurant, in dem er die Buchhaltung erledigte, zum Wallfahrtsort für Leser, die fest daran glauben, dass er dort heimlich schrieb. Der neue Besitzer freut sich über die Touristen, selbst wenn er, ein Crêpebäcker, jetzt Pizza backen muss. Und wer steckt hinter der Widmung »M.«, und woher kommt die im Buch angedeutete Verbindung zu Puschkin? Es zeigt sich, dass jeder etwas anderes, und vor allem sich selbst als Inspiration, in den Text hineinliest. Man ahnt, wie Fan-Fiction entsteht, und wie Roman und Romantik zusammenhängen. Die Aufdeckung des Falles, bei der die romantische Projektion durch eine in ihrer Abgefeimtheit doch arg unglaubwürdige Intrige zerstört wird, enttäuscht zwar. Doch dass das Paradies aus einer Bibliothek mit Sessel besteht, vielleicht noch mit Sicht auf die romantische bretonische Küste, daran herrscht hier kein Zweifel.

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