Kritik zu Midwives

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Die burmesische Regisseurin Snow Hnin Ei Hlaing erzählt atmosphärisch stark vom Dorfleben um zwei Frauen in der vom Krieg umzingelten Rakhaing-Provinz Myanmars

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Der als sichelförmiger Streifen am Golf von Bengalen gelegene Bundesstaat Rakhaing gehört mit dem weitläufigen Flachland vor nebelumwehten Bergen zu den schönsten Landschaften von Myanmar. Es war zur Drehzeit dieses Films auch Ort eines Krieges zwischen Separatisten und der Zentralregierung in Rangun. Seit 2018 ist der Norden der Region auch ein Ort der Gewalt an der muslimischen Minderheit der Rohingya, deren brutale Verfolgung durch Regierung und arakanesische Nationalisten die Mär von der Gewaltlosigkeit des Buddhismus endgültig widerlegte. Ein großer Teil der Minorität ist bekanntermaßen über die Grenze ins benachbarte Bangladesch geflohen. Doch viele wollten oder mussten bleiben und leiden nun unter rechtlicher, sozialer und ökonomischer Diskriminierung.

Zur muslimischen Bevölkerung Rakhaings gehört auch die junge Nyo Nyo, die mit Ehemann und zwei kleinen Söhnen auf einem Hof in einem Dorf lebt. Sie arbeitet als Arzthelferin in der – keinesfalls auf Geburten beschränkten – Krankenstation einer buddhistischen Ärztin, auch um dort Ansprechpartnerin für die vielen muslimischen Patientinnen aus den umliegenden Dörfern zu sein. Stationsleiterin Hla bringt sich und ihre Familie damit in Gefahr, da die Unterstützung der von der Propaganda als »muslimische Terroristen« bezeichneten Rohingya von Staat und Mehrheitsgesellschaft als Verrat eingeschätzt und geahndet wird. Doch sie sieht die Bedeutung der Station für die medizinische Versorgung der Umgebung. Dann wird diese wegen Unruhen in der Nähe vom Staat vorübergehend geschlossen.

Der Film zeigt neben impressionistischen Szenen von Klinik und Dorfleben auch kurze Abrisse des politischen Geschehens und die durchs Land ziehenden Protestmärsche der aufgehetzten antimuslimischen Kampagne. Kaum erträglich für die junge Muslimin auch das (nicht nur ihren) Alltag mit hetzender nationalistischer Dauerpropaganda berieselnde Fernsehprogramm. In die Kamera erzählt sie, dass sie davon träumt, das Dorf zu verlassen, um zu ihrer Schwester in die große Stadt zu gehen: mit Lichtern, Geschäften und »modernen Frauen, die wie Models aussehen. Das möchte ich erleben«, sagt sie mit leuchtenden Augen. Doch dann hält eine Schwangerschaft sie von der geplanten Flucht ab. Und als bei Nyo Nyo als Alternative der Plan reift, selbst eine eigene Klinik für die muslimische Community aufzubauen, ändert sich auch das Verhältnis zu der ehemaligen Arbeitgeberin, die ihr Handeln zunehmend rassistisch kommentiert.

Regisseurin Snow Hnin Ei Hlaing kommt selbst aus der Region und gibt in ihrem Debütlangfilm seltene und sehenswerte Einblicke in den ländlichen Alltag. »Midwives« ist atmosphärisch dicht erzählt, lässt aber leider bestimmte sachlich essenzielle Zusammenhänge im Agieren der Menschen (etwa die Rolle der Landwirtschaft im Leben von Nyo Nyos Familie oder das Verhältnis von Privat- und Berufsleben) für Außenstehende sehr im Unklaren. Zum Schluss noch eine Trigger-Warnung: Menschen mit Angst vor Spritzen müssen in diesem Film oft wegsehen.

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