DVD-Tipp: Filme mit Nicolas Cage

»Dying of the Light« (2014). © Splendid

Foto: »Dying of the Light« (2014). © Splendid

Caged Heat

Wenn man sich durch die Titel der Streaming-Dienste scrollt oder, ganz alte Schule, das Neuheitenregal der Lieblingsvideothek durchforstet, streift der Blick unweigerlich über irgendeinen neuen Nicolas-Cage-Film, von dem man garantiert noch nie gehört hat. Allein in den letzten zwei Jahren hat Cage sieben Filme gedreht, die hierzulande sämtlich als DVD-Premieren verramscht wurden. Schon lange ist Cage in Verruf geraten, als wahllos bei den Filmen und chargierend bei den Darstellungen. Das Vorurteil täuscht. Man sollte Nicolas Cage gerade auch in seinen berüchtigten Ausrastern als eine Art Performance-Künstler ernst nehmen, der sowohl die »Schau« als auch das »Spiel« auf virtuose Weise wörtlich nimmt. Ethan Hawke, sein Ko-Star aus »Lord of War«, analysierte einst: »Er ist der einzige Schauspieler seit Marlon Brando, der tatsächlich etwas Neues mit der Schauspielkunst gemacht hat. Weg von der Obsession des Naturalismus, hin zu einer Art vortragendem Schauspielstil, wie er vermutlich auch bei den alten Troubadouren populär war.«

Ein gutes Beispiel für diese These ist »­Dying of the Light« (2014) von Paul Schrader, der dem Regisseur von den Produzenten entzogen und in einer massiv veränderten Version veröffentlicht wurde – ein »film maudit« par excellence. Cage spielt darin einen CIA-Agenten, der seit der Folter durch einen Islamisten an nervösen Zuckungen und cholerischen Ausbrüchen leidet. Nach Jahren wittert er die Chance, sich an dem totgeglaubten Terrorfürsten zu rächen. Die Rolle ist einerseits wie geschaffen für Cages outrierten Stil. Zugleich überrascht er durch Momente völliger Unbewegtheit, die die Haltlosigkeit seiner Figur umso nachfühlbarer machen. Wo andere wie eine Karikatur aussehen würden, entwickelt er einen Charakter, den man auch in der unautorisierten Version als Sinnbild für eine amerikanische Kriegspolitik zwischen Entschlossenheit und Ratlosigkeit lesen kann. 

Auch das Politdrama »Der Kandidat« (2015) reizt mit einer brisanten Grundidee: Angesichts der Ölpest im Golf von Mexiko 2010 setzt sich ein idealistischer Provinzpolitiker für alternative Energien ein. Aber große Politik, das muss er bald erkennen, hat mit Idealen wenig zu tun. Der Film wirkt wie eine Kinovariante von »House of Cards«, nur leider nicht so clever geschrieben. Interessant bleibt der Film durch Cages Willen, die Hauptfigur in all ihren Widersprüchlichkeiten plausibel zu machen.

Bei »Pay the Ghost« (2015) fällt das Entdecken lohnender Facetten deutlich schwerer. Der Horrorfilm über einen Literaturprofessor, dessen Sohn von einem Geist entführt wird, entspricht rundweg dem Direct-to-DVD-Klischee: eine inspirationslose Gruselgeschichte, abgedroschene Schreckmomente und mit Uli Edel ein Regieroutinier, der irritierend unter seinen Möglichkeiten bleibt. Dann lieber »The Trust: Big Trouble in Sin City« (2016) mit Cage und Elijah Wood als abgehalfterten Cops, die den Tresor eines Drogendealers knacken wollen. Der Film ist so etwas wie die idealtypische DVD-Premiere: Er sieht gut aus, die Geschichte ist geradlinig erzählt, hat ein paar schöne Überraschungsmomente und bringt zwei Darsteller zusammen, die sich mit ihren unterschiedlichen Schauspielstilen bestens ergänzen.  

Der interessanteste von Cages neueren Filmen heißt »Tokarev« (2014) und handelt von einem geläuterten Gangster, dessen Tochter spurlos verschwindet. Anders als etwa in dem thematisch verwandten »96 Hours« haben die zunehmenden Gewaltausbrüche hier nichts Aufputschendes. Vielmehr herrscht eine Stimmung der Trostlosigkeit, und einmal mehr gelingt es Cage, einer schwer klischeegefährdeten Figur Wahrhaftigkeit zu geben. Fast könnte man »Tokarev« einen pazifistischen Actionfilm nennen. Cage selbst erklärte einmal, dass er nur Figuren spiele, über die er etwas zu sagen habe. Was immer das über seine Urteilsfähigkeit verraten mag. »Wenn man die schlechtere Hälfte seiner Filme wegstreichen könnte und nur die bessere Hälfte übrig bliebe«, so Ethan Hawke, »würde Cage alle anderen Darsteller wegfegen.« Auf seine ganz eigene Weise gelingt ihm das auch so.

 

Dying of the Light. Splendid. (Bestellmöglichkeit)

Der Kandidat. Splendid. (Bestellmöglichkeit)

Pay the Ghost. KSM. (Bestellmöglichkeit)

The Trust: Big Trouble in Sin CityUniversum. (Bestellmöglichkeit)

TokarevAscot Elite. (Bestellmöglichkeit)

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