Wir wollen das Gelb wiederhaben!

Unsere "Steile These" des Monats September
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Wenn es um Soundtracks geht, bedient sich das aktuelle Kino gerne an der Vergangenheit. Der pulsierende Score von »Drive« etwa blutet Retro-Pop, und »Guardians of the ­Galaxy« hat mit dem »Awesome Mix Tape« die 70er erfolgreich recycelt. Bei der Farbgebung liegen die Dinge anders.

Sicher, der Schwarz-Weiß-Film ist nie ausgestorben, und viele Tendenzen, etwa der expressive Farbeinsatz eines Douglas Sirk, lassen sich in Variationen durch die Filmgeschichte verfolgen. Den sich Schritt für Schritt bis in die Fünfziger entwickelnden klassischen Farbverfahren wird gern und zu Recht ein besonderer ästhetischer Wert zugesprochen. »Roter als rot« hieß es über Technicolor. Doch wo sind die Filme, die nicht nur auf die Vergangenheit verweisen, sondern sich in ihr kleiden, in ihr baden, sie umarmen? Was für ein Reiz liegt doch in den stets unifarbenen, teils knalligen, teils milchig-matten Kostümen, die Audrey Hepburn in »Wie klaut man eine million?« trägt! Und was könnte Thomas Crowns Gefangenschaft in einer Welt, die für ihn alle Extravaganz eingebüßt hat, besser darstellen als der reglose Steve McQueen in seinem Deutsche-Post-gelben Segelflieger vor dem entsättigten Blau des Himmels?

Der Look solcher Filme gilt heute als totes Relikt ­einer vergangenen Zeit. Was, wenn er wieder als ästhetische Strategie in den Blick käme? Die durchstandardisierte Agenturenwelt der RomComs könnte ihre Banalität durch die künstliche Farbgebung selbst reflektieren. James Bonds knallharte Blockbuster-Attitüde könnte aufgelockert und eine Reminiszenz an die alten Filme jenseits von Martini-Sprüchen und Standardsituationen geschaffen werden.

Keine besonders realistische Vorstellung. Schade eigentlich. Dass sich ein größerer Auteur der Sache annimmt, wäre aber schon denkbar. Martin Scorsese hat in »Aviator« in eine ähnliche Richtung gearbeitet. Und wenn Harmony Korine den Himmel über seinen »Spring Breakers« pink färbt und Terrence Malick in »To the Wonder« die Instagram-Ästhetik kopiert, könnte doch Jim Jarmusch mal die Farbpalette von »Frühstück bei Tiffany« oder »Vertigo« wiederaufkochen. Interessant wäre das allemal.

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