Spider-Man ist die neue Garbo

Unsere "Steile These" des Monats April
Marvel-Helden im Gruppenfoto

Marvel-Helden im Gruppenfoto

Im klassischen Hollywood war es üblich, dass sich kleinere Studios von ihren größeren Kollegen zugkräftige Stars wie Bette Davis gegen Gebühr ausliehen. Diese Tradition lässt gerade eines der neu gegründeten kleineren Hollywoodstudios neu aufleben. Mit sicherem Gespür für diffizile Verhandlungen wurden zwei seiner Stars aus ihren Verträgen bei Universal und Fox zurückgeholt. Im nächsten Schritt gelang dem Studio für das emotionsgeladene Bürgerrechtsdrama »Civil War« nun ein Coup: Eines seiner populärsten Talente kehrt, obwohl vertraglich noch an Sony gebunden, ins Ensemble zurück. Die Einnahmen aus seinem nächsten Solo-Film verbleiben im Gegenzug bei der Konkurrenz.

Bei den drei abgeworbenen Stars handelt es sich um einen launischen grünen Koloss, einen blinden Rechtsanwalt mit Martial-Arts-Kenntnissen und einen Physikstudenten, der an Spinnennetzen durch Manhattan floatet. Sie zählen als Hulk, Daredevil und Spider-Man zu den erfahrensten Talenten des Marvel-Studios, arbeiten hauptberuflich als Comicfiguren und waren bei verschiedenen Hollywood-Majors unter Vertrag. Die neue Bette Davis heißt Peter Parker, von Fans Spidey genannt. In »Captain America – Civil War« und beim nächsten Betriebsausflug der »Avengers« leistet er als Leihgabe von Sony den Kollegen Gesellschaft.

Marvels Konkurrent DC Comics braucht sich dagegen nicht am Superhelden-Leihgeschäft zu beteiligen. Als Teil der Warner Studios verfügt DC über eine komplette hauseigene Gerechtigkeitsliga. Als deren Vorboten proben Superman und Batman gerade in »Dawn of Justice« einen Aufstand alter Männer. Regisseur ihres Vertrauens ist Zack Snyder, der seit »Watchmen« daran arbeitet, der Volker Schlöndorff der Comicverfilmungen zu werden, und in Rekordzeit Panels auf die Leinwand schaufelt. DC setzt auf illustrierte Klassiker der grafischen Literatur. Marvel nutzt hingegen die Taktiken des Classical Hollywood, um mit Projekten wie dem afrofuturistischen »Black Panther« und den Netflix-Serien um »Daredevil« und »Jessica Jones« inmitten der Kulturindustrie ein New Hollywood der Comicverfilmungen aufscheinen zu lassen. 

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