Fläzen und wursteln

Der Komödiant Chris O’Dowd
»Immer Ärger mit 40«

Okay, er war in Brautalarm und ganz kurz sogar in Thor – The Dark Kingdom. Aber der »home turf« des Komödianten Chris O’Dowd ist das Fernsehen, wo er als Geek in The IT Crowd seine Karriere startete

Würden Sie diesem Typen einen Gebrauchtwagen abkaufen? Lieber nicht. Aber es wäre großartig, mit ihm zusammen abzuhängen. Chris O’Dowd hat bisher jede Ansteckung mit Heldenrollen vermieden. Stattdessen schillert der 35-jährige Ire in immer neuen Facetten des Wurstlertums. Im Kino fiel er erstmals 2011 als Lover zweiter Wahl in der US-Komödie Brautalarm auf. Nr. 1 war ein Porsche fahrender Schönling, für den Hauptfigur Annie (Kristen Wiig) sich nach dem Aufwachen im Lotterbett hastig mit Mascara aufhübschte. O’Dowd dagegen spielt einen gemütlichen Verkehrspolizisten, vor dem die betrunkene Fahrerin auf einer geraden Linie tanzt; damit erobert sie sein Herz. Man spürt sofort, dass sich mit dem Mann mit den leicht krummen Zügen und der etwas derangierten Frau zwei Seelenverwandte begegnen, die gemeinsam viel Spaß haben werden. Schon optisch, mit seinen eng zusammenstehenden Augen und der leicht gebückten Haltung, ist O’Dowd gutes Komödienmaterial.

»Brautalarm« (2011)

Den in Brautalarm rasierten und uniformierten schlaksigen Schauspieler hatte man bis dahin nur mit Stoppeln und Hoodie gekannt, mürrisch vor einem Rechner fläzend. In der britischen Sitcom The IT Crowd (2006 bis 2013) kultivierte er, ein Jahr vor The Big Bang Theory, den Typus des Computernerds. Zusammen mit einem Kollegen in den Keller eines Konzerns verbannt, muss Techniker Roy Trenneman täglich nervtötende Hilferufe von völlig ahnungslosen Computernutzern beantworten. Seine telefonische Standardbegrüßung »IT. Guten Tag. Haben Sie es schon mit Aus- und Einschalten probiert?« wurde zum fast schon klassischen Gag. Die Situationskomik entsteht in diesem Serienhit meist aus Roys Unvermögen, die ungeschriebenen Gesetze des sozialen Umgangs im »Real Life« zu erfüllen. Kein anderer kann so herrlich bescheuert mit offenem Mund dastehen, wenn eine peinliche Kettenreaktion ihren Lauf nimmt. Zugleich aber ist der Zausel durchaus zu Schlitzohrigkeit, gar Bosheit fähig – und dieses Talent verleiht O’Dowds Auftritten einen anregenden Hautgout.

So etwa in der Komödie Cuban Fury – Echte Männer tanzen, in der er einen schmierig-schmerzbefreiten Bürohengst spielt, dessen zotiger Wortdurchfall manische Züge trägt. Selbst in diesem Ohrfeigengesicht aber ist noch der kindliche Gernegroß erkennbar, dem man sein Schandmaul verzeiht. Auch in der US-Komödie 3, 2, 1... Frankie Go Boom (in Deutschland auf DVD) darf er als brüderlicher Quälgeist seine sadistische Seite ausspielen. Im Musikfilm The Sapphires setzt er als versoffener Musikmanager einen Schlawinerblick à la Monaco Franze ein, um eine Gruppe von Aborigines-Sängerinnen dazu zu bringen, mitten im Vietnamkrieg auf Tournee zu gehen – und sie um ihre Gage zu betrügen.

Dennoch verweist O’Dowds Anarchohumor, eher leise als laut, ihn eigentlich in den Dunstkreis von Komiker Simon Pegg. In Cuban Fury war sogar Peggs bester Kumpel Nick Frost sein Angriffsziel. Anders als Pegg aber rangiert O’Dowd im Kino unter »ferner liefen«. US-Regisseure besetzen ihn entweder als witzigen Sidekick – wie in der Judd-Apatow-Komödie Immer Ärger mit 40 – oder nach dem Brautalarm-Muster als den netten Verehrer Nr. 2, wie zuletzt in Thor – The Dark Kingdom.

In der finsteren Komödie Am Sonntag bist du tot wird O’Dowd als Teil eines irischen Allstar-Casts nun zum ersten Mal richtig böse. Doch sein ureigenes Revier bleibt das Fernsehen. Derzeit macht er mit der irischen Sitcom Moone Boy Furore, die er selbst geschrieben hat. Die gefeierte Serie über eine Kindheit in den 90ern ist so autobiografisch, dass sie sogar in seinem Heimatort Boyle in seinem Elternhaus gedreht wurde. O’Dowd spielt den unsichtbaren erwachsenen Freund und Ratgeber seines 12-jährigen Alter Egos Martin, der als Jüngster und einziger Sohn mit vier Schwestern in einer chaotischen Familie aufwächst. Da ist es kein Wunder, dass Chris O’Dowd – stets auf der Flucht vor »menstruierenden Monstern«, wie er im Interview gesagt hat – Komiker wurde. »Martin ist ich, aber er ist viel charmanter, als ich es damals war«, sagt O’Dowd – von dessen bübischem Charme noch einiges zu erwarten ist.

Zur Kritik von Am Sonntag bist du tot

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