Der muss aus Cleveland sein

Unsere "Steile These" des Monats März
Tom Hiddleston in »Only Lovers Left Alive« (2013)

Tom Hiddleston in »Only Lovers Left Alive« (2013)

Die amerikanischen Filmzentralen, denkt man so, sind Los Angeles und New York. Hier wird produziert, hier wird gedreht, hier leben die Kreativen. Heißt aber auch: Diese Städte sind durchleuchtet. Zu Tode fotografiert. Sie bergen keine Geheimnisse mehr. Ganz anders Cleveland. Ja, genau: Cleveland, Ohio, 400.000 Einwohner, an der Mündung des Cuyahoga River in den Eriesee gelegen, ist Amerikas heimliche Filmhauptstadt.

Wie ich darauf komme? Könnte diese Szene in Only Lovers Left Alive gewesen sein. Da hat ein bleicher, wortkarger, vermummter Typ gerade ein Gebinde Blutkonserven im Krankenhaus abgeholt. Als er geht, hinterlässt er eine Atmosphäre der Verstörung. »Must be from Cleveland«, murmelt der Arzt, der den Stoff beschafft hat. Ziemlich sicher aus Cleveland kommt der Profikiller Frankie Bono in Allen Barons Explosion des Schweigens, einem der schwärzesten Noirs der Filmgeschichte – die Stadt liefert Frankie sogar seinen kriminellen Decknamen. Der Schluss der Avengers, die Schlacht gegen die kosmischen Monster, soll zwar in New York spielen, wurde aber in Clevelands Downtown gedreht.

Paul Newman und der legendäre Agent Lew Wasserman, beide Clevelander, saßen hier auf dem Sofa, während Newman seine Biere wegzischte. Er konnte einen Kasten allein trinken, erinnerte sich Wasserman. Das sei ein Talent. In Cleveland ist auch Fredric Jameson geboren, der große marxistische Filmtheoretiker. Und schließlich: Tootsie. Da versucht ein arbeitsloser Schauspieler, Dustin Hoffman, einen Job zu bekommen, indem er sich als Frau ausgibt. In »drag« muss er einen Screentest machen, und die Aufnahmeleiterin meint zum Kameramann: »Ich möchte, dass sie attraktiver aussieht«, wie weit er mit der Kamera zurückfahren könne. – »Wie wär’s mit Cleveland?« Cleveland! Nicht etwa Minneapolis oder Denver.

Das alles muss was zu bedeuten haben. Es muss etwas Eigenartiges geben in Cleveland, etwas Uneingelöstes. Wenn Sie das auch glauben, wenn Ihnen Cleveland auf verdächtige Weise untergekommen ist: Schreiben Sie uns! Für eine Imagekampagne. Cleveland, Movie Capital of the World!

Meinung zum Thema

Kommentare

Hallo Frau Horst,

mit Interesse und Vergnügen habe ich Ihre "Steile These" über Cleveland gelesen - nun freue ich mich, dass ich auch ein Puzzleteil beisteuern kann. Bei der filmischen Vorbereitung auf unsere USA-Reise (New York, Washington, Philadelphia) gab es u.a. noch einmal "The Day After Tomorrow". Im schlimmsten Schneesturm bricht Jack/Dennis Quaid nach Manhattan auf, um seinen Sohn zu finden. Sein loyaler Kollege Frank begleitet ihn, sie beladen das Auto. Kollege Jason gesellt sich zu ihnen und wirft wie selbstverständlich weitere Ausrüstung auf die Ladefläche.
Jack: "Where do you think you're going?"
Jason: "Neither one of you can navigate worth a damn. Without me, you'll end up in Cleveland."
Was ja nun wirklich ein unnötiger Umweg wäre. :-)

Falls ich noch weitere Beweise finde, melde ich mich - Cleveland rules!

Viele Grüße aus dem Ruhrgebiet -

Sabine Kleff

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