Bitte nicht abschalten!

Unsere "Steile These" des Monats März
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Im Kreise der Lieben friedlich entschlafen –so stellen sich viele den idealen Tod vor. Und in immer mehr Filmdramen überlassen Todkranke ihr Dahinscheiden nicht dem Schicksal, sondern nehmen die Planung des Happy Ends selbst in die Hand. Nun gehört das Sprechen über letzte Dinge zu den Kernkompetenzen der darstellenden Künste. Doch das Kino scheint zunehmend zum Schrittmacher der realen Debatte um erlaubte Sterbehilfe zu werden. Denn im Film sind die ethischen Fragen rund um den »assistierten Suizid« längst beantwortet. Das Thema boomt, seit in »Das Meer in mir« (2004) ein Schwergelähmter vor Gericht vergeblich das Recht zu sterben einklagt und schließlich mit Freundeshilfe seinen Tod orchestriert. Das heimliche Abschalten lebenserhaltender Geräte in »Million Dollar Baby« und »Magnolien aus Stahl«, barmherzige Spritzen in »Der englische Patient« und »Die Invasion der Barbaren«, Sterbetourismus in »Hin und weg« oder »Und morgen Mittag bin ich tot«, eine »Notschlachtung« in »Emmas Glück«, schlitzohrige Todesapparaterfinder in »Am Ende ein Fest«: Wer mit sich selbst oder anderen schnell, schmerz- und straffrei Schluss machen will, kann sich im Kino Inspiration holen. In den aktuellen Sterbedramen »Silent Heart« oder »Freunde fürs Leben« muss das How to kaum noch thematisiert werden.

Doch wissen Filmemacher eigentlich, was sie mit ihren naiven Plädoyers für uneingeschränkte Sterbehilfe tun? Was haben die »Schöner sterben«-Dramen, in denen an Geld und Zuwendung kein Mangel herrscht, mit der Realität mit ihrem Pflegenotstand, der Überforderung und dem Eigennutz der potenziellen Hinterbliebenen, kurz: den täglichen Kosten-Nutzen-Rechnungen zu tun? Könnte es sein, das sich dadurch der Druck auf unheilbar Kranke, möglichst »sozialverträglich«, also flott, abzuleben, erhöht? Ein einziger Film, Andreas Dresens »Halt auf freier Strecke«, plädiert für die Palliativmedizin, die Sterbende geduldig bis zum letzten Stündlein begleitet. Das ist allerdings teurer als abschalten. Ihr mutigen Filmemacher, die ihr Sterbewillige und ihre Helfer als Rebellen gegen das System feiert: Werdet ihr von den Krankenkassen gesponsert?

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