Bauernopfer: Ehre ihren Namen!

Unsere "steile These" des Monats Mai
»Marvel's the Avengers« (2012) © Disney

»Marvel's the Avengers« (2012) © Disney

Meine sterben immer. Ich meine nicht die Stars der großen Geschichten, Typen wie den Gladiator, Siegfried oder Winnetou, die sich mit Getöse verabschieden und von aller Welt betrauert werden. Es geht um diese unbesungenen Nebenfiguren, die im Hintergrund des Bildes vor sich hinwursteln und in Akt zwei oder drei aus rein dramaturgischen Gründen geopfert werden – damit der Kampf der Helden sich dringlicher anfühlt, der Schurke schurkischer wirkt, oder weil in einer Schlacht Kanonenfutter gebraucht wird. Schon in der »Ilias« musste Patroklos sterben, um Achill in Fahrt zu bringen, und bei Shakespeare versetzt der fallende Mercutio – der übrigens den besten Text hat – Romeo in Rage. Im Film ist das nicht besser. Peter Jackson zum Beispiel fand, der zweite Teil des »Herrn der Ringe« funktioniere nicht – weil keiner stirbt. Also wurde der Elb Haldir nach Helms Klamm geschickt, wo er bei Tolkien nie gewesen ist, um sich meucheln zu lassen. Die Fans druckten T-Shirts: »Haldir lives! I don't care what Peter Jackson says.« Ähnlich Agent Coulson in »Avengers«. Der hatte sich über mehrere Marvel-Filme zum Sympathieträger entwickelt. Aber irgendwen musste Loki umbringen, und die Superhelden hatten zu viel gekostet. Coulson bekam noch eine eigene TV-Serie, »Agents of S.H.I.E.L.D«. So melkt man eine tote Kuh.

Besonders ungerecht ist das, weil diese Figuren oft umgänglicher und unschuldiger als die Helden sind: Andy Garcia als junger Cop in »Black Rain«; der Kumpel von »Mad Max«, Cedric Diggory in »Harry Potter und der Feuerkelch«, der Hund von Will Smith in »I am Legend«, Billy Bibbit in »Einer flog über das Kuckucksnest«, der Ewok in »Die Rückkehr der Jedi-Ritter«. Getroffen werden damit besonders Hardcore-Fans – die Zuschauer, die sich am intensivsten ins Filmuniversum eingefühlt haben. Ich mach das nicht mehr mit. Aus »Game of Thrones« und »The Walking Dead«, die links und rechts Leute killen – Hodor! –, bloß um das Erregungslevel zu halten, bin ich ausgestiegen. Hiermit fordere ich die Filmindustrie auf, die Rechte der Nebenfiguren zu wahren, schon gar in den Fällen, in denen sie nicht oder nicht mehr an Kampfhandlungen teilnehmen! Unterschriftenliste im nächsten Heft.

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