Kritik zu A Royal Night Out – Ein königliches Vergnügen

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Eine filmische Fantasie darüber, was gewesen wäre, wenn Prinzessin Elisabeth sich mit ihrer kleinen Schwester zum Kriegsende unters Volk gemischt hätte

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Welch schöne Vorstellung, dass die heute so steife Queen Elizabeth im April 1945 tatsächlich ein junger, quirliger, charmanter Teenager von 19 Jahren war, der sich nach den langen Jahren der Kriegsquarantäne nach dem wahren, wirklichen Leben sehnte, nach einer Nacht, in der sie mit den Bürgern ihres Königreiches auf den Straßen und Plätzen das Ende des Zweiten Weltkrieges feiern konnte. Dann hätten sie und ihre vier Jahre jüngere Schwester Margaret ihre königlichen Eltern bestürmt, wären zunächst auf den entschiedenen Widerstand der Queen gestoßen und dann vom King doch noch mit Nachsicht bedacht worden, weil Lillibeth den Vater mit dem richtigen Argument erwischt hätte: Wenn sie sich inkognito unters Volk mischten, dann könnten sie ihm später erzählen, was seine Bürger wirklich von ihm und seiner Ansprache hielten. Denn der König ist jener Bertie, den die Kinobesucher als stotternden König wider Willen in der oscargekrönten Version von Colin Firth in Tom Hoopers »The King’s Speech« kennen­gelernt haben und den es nun, von Rupert Everett gespielt, immer noch viel Anstrengung kostet, eine gewichtige Radioansprache zum Ende des Krieges zu halten.

Während die Bürgerlichen vom Leben als Prinzessin träumen, sehnen sich die Royalen nach einem Hauch von Normalität jenseits des Protokolls. Aus diesem fish out of water-Szenario hat das Kino immer wieder zauberhafte Komödien kreiert, allen voran William Wylers Roman »Holiday« (Ein Herz und eine Krone), in dem Gregory Peck als Journalist der von Audrey Hepburn verkörperten Prinzessin ganz nahe kommt, oder auch Norman Krasnas »Princess O’Rourke« (Der Pilot und die Prinzessin), in dem ein Pilot die Prinzessin für eine Magd auf Arbeitssuche hält.

Den Buckingham-Palast haben die beiden Prinzessinnen am 8. Mai 1945 tatsächlich verlassen, allerdings nur um eine sehr gediegene Party im Londoner Dorchester Hotel zu feiern. Von diesem kleinen Stückchen verbürgter Realität ausgehend, haben die Drehbuchautoren Trevor De Silva und Kevin Hood ein luftiges Märchen gesponnen, das bei aller ausgelassenen Lebendigkeit die Würde der königlichen Familie nie ernsthaft infrage stellt: Was wäre also, wenn die beiden jungen Ladies ihren Bewachern entschlüpft wären, wenn sie sich ins wilde Leben gestürzt hätten, wie normale Menschen Bus gefahren wären, natürlich ohne auf so irdische Dinge wie Geld für eine Fahrkarte vorbereitet zu sein? Wenn sie mitten in der Menge Lindy Hop getanzt und auf der Damentoilette im Gedränge der working girls vor dem Spiegel gestanden hätten? So schlägt Julian Jarrold, der schon zuvor in Filmen wie »Geliebte Jane« oder »Wiedersehen mit Brideshead« viktorianische Realität mit filmischen Fiktionen versetzt hat, Funken aus der Reibung zwischen erdigem Alltag und königlicher Etikette. Dabei trägt die Euphorie des Kriegsendes ganz natürlich zur Sprengung des engen Korsetts klassischer Historienfilme bei. Zusammen mit dem unwiderstehlichen Charme der beiden Hauptdarstellerinnen Bel Powley und Sarah Gadon verbreitet sie ein flirrendes Champagnerprickeln.

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