Kritik zu Britt-Marie war hier

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Nach »Ein Mann namens Ove« findet mit dieser schwedischen Tragikomödie über eine Hausfrau Ü-60, die ein neues Leben beginnt, ein weiterer Bestseller von Fredrik Backman auf die Leinwand

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Wenn Britt-Marie putzt, wäscht, ihre Utensilien aus ihren mit »konmari-hafter« Perfektion aufgeräumten Schubladen holt und ihrem heimkehrenden Mann um Punkt sechs Uhr den Braten serviert, vermittelt sie trotz einer gewissen Starrheit nicht den Eindruck, dass sie unglücklich ist. Ihre Konzentriertheit und Hingabe verraten einen Menschen, der in seiner Beschäftigung aufgeht. Dann erleidet der Gatte einen Herzinfarkt, und als Britt-Marie ihn im Krankenhaus besucht, sitzt neben seinem Bett eine blondgefärbte, dekolletierte Tussi. Britt-Marie, bedacht und wortkarg wie stets, packt den Koffer und geht. Der einzige Job, den das Arbeitsamt der 63-Jährigen, die vierzig Jahre lang Hausfrau war, anbietet, ist der einer Fußballtrainerin von Kindern in einem Dorf, das in seiner Heruntergekommenheit das Gegenteil einer Bullerbü-Idylle darstellt. Doch Britt-Marie geht ihren neuen, eigentlich unmöglichen Beruf – sie mag weder Fußball noch Kinder – mit derselben Methodik an wie vorher die Hausfrauenpflichten.

Mit diesem still exzentrischen Frauenporträt ist leicht zu erkennen, warum die Buchvorlage von Fredrik Backman, der zuvor die »Ein Mann namens Ove«-Romane schrieb, ebenfalls ein Bestseller wurde. Auch im Film wird diese späte Heldin, die in ihrem letzten Lebensdrittel einen Neustart wagt, nie als spießiges Hausmütterchen denunziert, schon weil sie keine Spur von Sendungsbewusstsein hat. Der Spott der Kinder, die meist Migrationshintergrund haben, perlt an ihr ab. Als Frau, die stoisch ihr Ding durchzieht, sei es schmutzige Kragen mit Backpulver zu behandeln oder mittels eines abgegriffenen Handbuches Fußball zu lernen, wirkt sie vielmehr wie ein Tanker, der herumdümpelnde Boote in seinem Fahrwasser mit sich zieht. »Ein Schritt nach dem anderen«, ist einer der Sinnsprüche, die sie sich in inneren Monologen vorsagt. Das zweite Mantra dieser Tragikomödie ist »der Cup!«, die Sehnsucht der Einwohner, dass die Kinder beim Jugendfußballturnier endlich mal ein Tor schießen.

Trotz klischeehafter Elemente wird die Geschichte kaum je klebrig. Ob es der Dorfpolizist ist, der Britt-Marie so unbeholfen charmant umwirbt, wie es Männer nur in Filmen tun, oder das Modethema Fußball als Lebensmetapher, der Tonfall bleibt stets lakonisch. So wird der Moment, in dem Britt-Marie endlich mal lacht, zum Ereignis. Tuva Novotny vertraut in ihrer zweiten Kinoregie ganz ihrer Hauptdarstellerin Pernilla August, die, von »Fanny und Alexander« bis »Star Wars«, wie Novotny selbst zu den bekanntesten schwedischen Darstellerinnen ihrer Generation gehört. Aber gerade die Präsenz, die August der so lange im Verborgenen ausgeharrten Protagonistin verleiht, macht auch auf das größte Manko dieses Films aufmerksam. Wenn mit Küchenpsychologie und Rückblenden die Gründe für Britt-Maries Stagnation erklärt werden, fühlt man sich etwas billig abgespeist. Trotz seiner Qualitäten erzeugt »Britt-Marie war hier« das unbefriedigende Gefühl, dass diese schweigsame Macherin, die sich vierzig Jahre selbst in den Käfig gesperrt hat, mehr Details verdient hätte.

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