Kritik zu The Founder

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2016
Original-Titel: 
The Founder
Filmstart in Deutschland: 
20.04.2017
L: 
115 Min
FSK: 
keine Beschränkung

Die Geburt des Fast-Food-Imbisses aus dem Geiste amerikanischer Wirtschaftsmythen: John Lee Hancock verfilmt die Geschichte von Ray Kroc, der McDonald's zwar nicht gegründet oder erfunden, aber erst zu dem gemacht hat, was es heute ist

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Der Hamburger: Seit den fünfziger Jahren avancierte dieses Fast-Food-Produkt zum Inbegriff amerikanischer Populärkultur. Warum eigentlich? Auf diese Frage geben John Lee Hancock und sein Drehbuchautor Robert D. Siegel einige Antworten. Ihr packendes Biopic erzählt die Geschichte von Ray Kroc, jenem Mann der sich »The Founder« nennt, obwohl er McDonald's gar nicht gegründet hat. Der Film arbeitet jedoch heraus, dass Kroc etwas Spezifisches beisteuerte, das den Hamburger erst zum auratischen Massenprodukt machte.

Danach sieht es zunächst nicht aus. Der vom Leben gezeichnete 52-Jährige, von Michael Keaton als Getriebener gespielt, tingelt durchs Land. Er versucht, klobige Milkshake-Mixer zu verkaufen, die kein Mensch braucht. Abends im Motel legt er eine Platte mit stereotypen Motivationsparolen auf, eine Karikatur des amerikanischen Traums. Das Leben des verkrachten Handlungsreisenden ändert sich durch die Begegnung mit Mac (John Carroll Lynch) und Dick McDonald (Nick Offerman). Zu dieser Zeit sind die gerade entstandene Diners und Barbecues sehr beliebt – obwohl man eine halbe Stunde auf sein Essen warten muss. Dieses Problem bekommen die McDonald-Brüder in den Griff. Mit perfekt ausgeklügelter Küchentechnik haben sie das Schnellrestaurant revolutioniert. Genauer gesagt: taylorisiert.

Sinnlich nachvollziehbar und visuell ansprechend taucht der Film in die Welt dieser beiden Tüftler ein. Von Fords Model T und dem Fließband unterscheidet sich deren neu erfundener Hamburger-Imbiss allerdings in einem wesentlichen Detail: Ihr Restaurant gibt es nur einmal. Kroc wittert seine Chance als Lizenznehmer. Man kennt den Ausgang der Geschichte. Hancocks kurzweilige Nachzeichnung des steinigen Weges zum Erfolg ist trotzdem packend, weil die Grundwerte amerikanischer Kultur selten so präzise analysiert wurden. Der Film verdeutlicht, dass der wirtschaftliche Erfolg von McDonald's auf zwei Säulen ruht: der Reduzierung von Vielfalt und der strikten Einhaltung eines genormten Qualitätsstandards. Kroc löst diese Probleme auf überraschende Weise: Er vergibt Unterlizenzen an aufstrebende Ehepaare. Indem Jungvermählte mit Sauberkeit, Effizienz und Familienfreundlichkeit ihren privaten Erfolg ebenso wie den der Burgerkette sichern, stützen sie zugleich die Nachhaltigkeit amerikanischer Werte. Verständlich wird so, warum die gelben Bögen der McDonald's-Filialen als wirtschaftliche Ergänzung zu Staat und Kirche fungieren: Geld verdienen wird zur patriotischen Pflicht. Amerikanischer geht nicht.

An diesem Wendepunkt seiner Mission gerät Kroc in Konflikt mit den McDonald-Brüdern, die der Film als Gegenpol zu dem Kapitalisten aufbaut. Die beiden, so scheint es, verkörpern sympathische Idealisten, die der seelenlose Geschäftemacher Kroc ausbooten wird. Das ist nur die halbe Wahrheit. Warum die Brüder das Prinzip der Geldvermehrung so vehement ablehnen, bleibt ein Rätsel. Der Film wirft jedenfalls einen interessanten Blick auf eine weniger bekannte Episode der Firmengeschichte. Obwohl Kroc eine Filiale nach der anderen eröffnet, steht er vor der unausweichlichen Pleite: Ein Knebelvertrag der McDonald-Brüder unterbindet die Wirtschaftlichkeit seiner Geschäftsidee. Wie kann Kroc sein Unternehmen retten?

Der Film ist spannend, weil man seine Bebilderung eines wirtschaftpolitisch-ideologischen Grundkonflikts auf zwei Arten lesen kann: Einerseits zeigt »The Founder« Kroc als Haifischkapitalisten, der den McDonald-Brüdern das Herz herausreißt. Man kann in ihm aber auch den findigen Geschäftsmann sehen, der von zwei weltfremden Fundamentalisten gezwungen wird, ein neues Kapitel amerikanischer Wirtschaftsgeschichte aufzuschlagen. Das Ganze ist vielleicht nicht so mitreißend wie »The Big Short«, Adam McKays Analyse der Schuldenkrise, und auch nicht so anrührend wie David O. Russells »Joy« über die Erfindung des Wischmobs. Sehenswert ist das Biopic, das die vermeintlich spießigen fünfziger Jahre gegen den Strich bürstet, aber allemal.

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