Interview mit Nick Park über seinen Film »Early Man«

»Nick Park« Foto: Chris Pizzello

»Nick Park« Foto: Chris Pizzello

Nick Park über seinen Film »Early Man – Steinzeit bereit«

Mr. Park, wie sind Sie auf die Verbindung von Steinzeitmenschen und Fußball gekommen?

Steinzeitmenschen spukten schon lange in meinem Kopf herum, ich glaube, seit ich als Elfjähriger den Film »Eine Million Jahre vor unserer Zeit« sah. Ich liebte die Dinosaurier in dem Film! Das war der Film, der dazu führte, dass ich mir eine Kamera besorgte und meine eigenen Filme drehte – in einem kamen Dinosaurier vor. "Murphy & Bongo" hieß er. Fußball hatte für mich immer etwas von Völkerverständigung, als ich die Idee für diesen Film das erste Mal präsentierte, nannte ich ihn "Early Man United".

Sich aufplusternde Politiker gewinnen zunehmend an Einfluss – da hatten Sie einen guten Riecher, als Sie „Early Man“ konzipierten, nicht nur mit dem Schurken Lord Nooth, sondern auch mit einem kleinen Trump-Moment.…

Das stimmt, denn das war lange bevor Trump zum Präsidenten gewählt wurde. Lord Nooth basierte auf keiner bestimmten Person – aber der Auftritt der Königin am Ende erinnerte einige auch an Theresa May.

Wie kamen Sie darauf, dem Schurken einen französischen Akzent zu geben?

Das ergab sich aus Gesprächen mit Tom Hiddleston, der diese Rolle (im englischen Original) spricht. Tom kann alles, ich hörte ihn mit verschiedenen Akzenten in einer Show und sprach mit dem Drehbuchautor Mark Burton darüber. Wir wollten keinen Kommentar zur französischen Nation abgeben, es ging uns vielmehr um das Pompöse dieser Figur. Tom probierte dann verschiedene Akzente aus und dieser war der komischste. Angesichts der Isolationspolitik des Brexit hatten wir eigentlich eher einen britischen Akzent im Kopf, aber das klang bei weitem nicht so komisch.

Mit der ziemlich langen Rückwärtsfahrt der Kamera zu Beginn signalisieren Sie, dass etwas Großes auf uns zukommt. Wann haben Sie Ihr Faible für Großes entdeckt? Der erste ‚Wallace & Gromit’-Film »A Grand Day Out« gefällt mir heute noch wegen seiner Einfachheit: "Wir haben keinen Käse mehr im Kühlschrank, der Mond ist aus Käse, also bauen wir eine Rakete und fliegen dorthin!" Im zweiten Film mit den beiden gab es dann schon die Verfolgungsjagd auf der Modelleisenbahn und im dritten eine furchteinflößende Maschine. Ist das eine logische Weiterentwicklung?

Ich denke, das hängt hier eher mit der Natur der Geschichte zusammen. Es geht um einen Stamm und darum, wie das eine Zeitalter von einem anderen abgelöst wird. Es hat aber auch damit zu tun, dass wir heute einen Teil der Arbeit digital machen und dass das ganz andere Möglichkeiten eröffnet, etwa, was die Menschenmassen im Fußballstadion beim Finale anbelangt. Die Hauptfiguren im Vordergrund dagegen werden von uns noch ganz traditionell mit der Hand in Stop-Motion animiert. Dieser Kontrast kam mir beim Dreh manchmal selber unheimlich vor, und ich sagte zu meinem Kameramann Dave Alex Ridditt, mit dem ich 1989 zum ersten Mal zusammengearbeitet habe, "haben wir nicht mal ganz klein begonnen?"– nach einem Film wie diesem träume ich davon, als nächstes einen Film mit nur drei Figuren machen!

Hat das auch damit zu tun, dass Sie diesmal keinen Ko-Regisseur hatten wie bei Ihren vorhergegangenen abendfüllenden Filmen?

Bei »Chicken Run – Hennen rennen«, dem ersten abendfüllenden Aardman-Film, führten Peter Lord und ich gemeinsam Regie. Aardman arbeitete damals mit ‚Dreamworks’ zusammen, deren Boss Jeffrey Katzenberg lange bei Disney war, wo man meistens zwei Regisseure hat. Dieses Mal lief alles über mich, d.h. ich hatte viele andere Verpflichtungen, musste mich um den Schnitt kümmern und um die Sprecher. Da die Sprachaufnahmen in London stattfanden, war ich viel unterwegs. In einem Moment bespreche ich etwas mit dem Drehbuchautor, im nächsten muss ich mich darum kümmern, welche Farbe das Gras haben soll. Es stimmt, ich verbrachte weniger Zeit mit den Animatoren, das war gewöhnungsbedürftig. Auch wenn ich hier gewissermaßen an der Spitze der Pyramide stand, ist es mir doch wichtig, hands on zu arbeiten, die Figuren zu entwerfen.

Sie selber haben den Film als »Gladiator« trifft »Dodgeball« beschrieben und erzählt, dass Sie Eddie Redmayne (der der Hauptfigur seine Stimme leiht) in »Black Death« entdeckt hätten. Demnach sind Sie ein regelmäßiger Kinogänger?

Oh, ja, es bereitet mir großes Vergnügen, andere Filme zu zitieren. Ich glaube, das begann schon mit »A Grand Day Out« – als Student hatte ich natürlich »Citizen Kane« gesehen und so konnte ich nicht widerstehen, im Film auf den Schlitten, der im Keller in der Ecke steht, ‚Rosebud’ zu schreiben. Bei den Szenen im Stadion habe ich an »Gladiator« gedacht und mir überlegt, wie kann ich die Fußballszenen glaubhaft und spannend machen? Ich bin eigentlich kein Fußballfan, habe mir aber zur Vorbereitung viele Spiele angesehen.

Die beiden Dinosaurier, die bei dem Meteoriteneinschlag zu Beginn des Films umkommen, haben Sie haben Sie Ray und Harry genannt, eine Verneigung vor dem Stop Motion-Pionier Ray Harryhausen.

Ja, dem haben wir alle unendlich viel zu verdanken.

Mit seinen Massenszenen im Stadion ist dieser Film ziemlich aufwändig. Gab es in dieser Hinsicht je Bedenken, etwa bei den Geldgebern – im Gegensatz zu dem vorangegangenen Aardman-Film »Shaun das Schaf« haben wir es hier ja nicht mit Figuren zu tun, die dem Publikum bereits bekannt sind.

Studiocanal, die unsere Filme mitfinanzieren und in die Kinos bringen, achten schon auf das Geld. Wir mussten einiges verschlanken, hatten ursprünglich mehr komische Nebenfiguren und mehr Monster, denen der Stamm bei seiner Reise durch das Ödland begegnet – davon ist nur die riesige Ente übergeblieben. In Anbetracht der Vielzahl der Figuren, die der Film hat, mussten wir hier Abstriche machen – aber das macht den Film auch konzentrierter.

Bei der Invasion der Steinzeit durch die Bronzezeit werden metallene Mammuts eingesetzt. Wie ist Ihr Verhältnis zur Technologie? Wallace war ja ein großer Bastler und Erfinder…

Das habe ich von meinen Vater, er war Fotograf und immer in einem Raum unseres Hauses zugange, den er entsprechend ausgerüstet hatte. Als Kind wollte ich Erfinder werden, ich hatte alle möglichen Spielzeuge, die ich auseinandernahm und wieder zusammensetzte, und träumte davon, als Erwachsener eine Zeitmaschine zu bauen.

… aber viele Maschinen, die in Ihren Filmen vorkommen, werden für böse Zwecke eingesetzt.

Ja, mit der Technik kommt eine Verantwortung bei ihrer Anwendung.

Vor einem Jahr ist Peter Sallis gestorben, der Wallace seine Stimme gab. Ist das damit für Sie ein abgeschlossenes Kapitel oder können Sie Sich vorstellen, noch einmal einen Film mit dem Duo zu machen?

Das war in der Tat ein trauriges Ereignis, seine Stimme war so einmalig. Aber ich habe durchaus einige Ideen für Wallace & Gromit und könnte mir vorstellen, wenn es soweit ist, auch eine entsprechende Stimme zu finden. Ich denke, sie sind besser für kürzere Filme als für einen Langfilm geeignet.

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