Interview mit Marco Kreuzpaintner über seine Serie »Beat«

»Marco Kreuzpaintner«

»Marco Kreuzpaintner«

Herr Kreuzpaintner, hat in Zeiten von Amazon Prime, Netflix & Co. eigentlich jeder deutsche Filmemacher mindestens drei Serienideen in der Schublade?

Ich hatte keine einzige auf Halde, als mich der Produzent Willi Geike, der auch für »You Are Wanted« verantwortlich war, nach einer fragte. Einfach weil ich gar keine Zeit hatte, mir über so etwas Gedanken zu machen, schließlich bin ich einer der wenigen Regisseure, die durchgängig arbeiten und nicht zwei Jahre Zeit zwischen ihren Filmen haben.

An Interesse mangelte es also nicht?

Im Gegenteil. Ich habe ja auch selbst in den letzten Jahren fast nur noch Serien geguckt, und im Kino war wenig Interessantes zu holen. Das ändert sich gerade erst, nicht zuletzt durch die Serien, und endlich darf man auch hier wieder spannende Stoffe angehen. Überhaupt ist es, um mal diesen Vergleich heranzuziehen, natürlich oft interessanter, einen langen ­Roman zu erzählen als eine kurze Erzählung. Zumal wenn man, wie im Fall von »Beat«, relativ frei ist in der Umsetzung.

Wie sah die Freiheit denn in diesem Fall aus, verglichen zum Beispiel mit der Arbeit bei den Öffentlich-Rechtlichen?

Amazon hat nicht mit einer Silbe reingeredet. Erst bei der Schnittabnahme saß dann eine nette Frau aus Großbritannien mit dabei, und selbst die sagte immer: Ich mache mal einen Vorschlag, von dem ich glaube, dass er die Serie besser machen könnte, aber wenn du das anders siehst, vergiss einfach,  dass ich überhaupt etwas gesagt habe. Sehr angelsächsisch! Aber tatsächlich kamen dann auch gute dramaturgische Anmerkungen, nicht Banalitäten wie: X ist mir zu krass, oder: Y mag ich nicht.

Aber noch einmal zurück zum Anfang: Obwohl Sie noch keine Ideen in petto hatten, haben Sie dann eine ausgearbeitet. Warum ausgerechnet einen Thriller in der Welt des Berliner Nachtlebens?

Mir war es ganz wichtig, wieder ein wirklich persönliches Projekt umzusetzen, denn von reinen Auftragsarbeiten wie »StadtLand­Liebe« hatte ich genug. Eine Geschichte, bei der ich selbst auch echt was zu erzählen habe, darum ging es mir. Außerdem hatte ich die Schnauze voll von Komödie, denn ich ertrage es einfach nicht mehr, wie ­deutsche Komödien zu funktionieren haben.

Okay, das erklärt das Genre. Aber das Setting? Berliner Technoclubs, Drogen- und Menschenhandel, ein europäischer Geheimdienst – wie persönlich ist das?

Bis ich vor drei Jahren zurück nach Bayern aufs Land gezogen bin, habe ich ja über zehn Jahre in Berlin gelebt. Zumindest was das Nachtleben angeht, konnte ich also auf Erfahrungen zurückgreifen. Dieser Lebensstil von Party machen, Drogen nehmen, ­herumvögeln – das war durchaus auch mal meiner. Und in diesen Zeiten der ­krassen Gentrifi­zierung, die wir gerade ­erleben, wollte ich gerne dem Berlin, wie ich es erlebt habe, noch eine Art serielles Poesiealbum widmen. Rechtzeitig bevor auch diese Form von Clubkultur irgendwann komplett verschwindet.

Nichts misslingt auf Bildschirm und Leinwand so oft wie ...

... Clubszenen! Ich weiß. Aber ich weiß auch wieso: Die Leute tun einfach immer nur so, als würden sie feiern. Wir dagegen haben eine Party organisiert und gefilmt. Wir haben die Musik nie heruntergedreht und die Schauspieler immer einfach drübersprechen lassen. Für die paar Sätze, die in diesen Szenen gesprochen werden, wollte ich nicht die Echtheit dieser Momente opfern und am Ende mit Aufnahmen dastehen, wo ganz erkennbar wieder alle nur so tun, als ob. Dann lieber später noch etwas synchronisieren.

Wurde da auch gesoffen und mehr?

Nicht auf Produktionskosten, aber das ist alles, was ich garantieren kann (lacht). Als wir die Kameras ausmachten, ging es auf jeden Fall noch weiter.

Sie waren immer schon ein Regisseur, der durchaus international gedacht hat, und ­haben auch schon in den USA gearbeitet. Wie sehr haben Sie bei »Beat« das weltweite Publikum mitgedacht?

Ach, da bin ich von meinem eigenen Geschmack ausgegangen, in der Hoffnung, dass der international genug ist (lacht). Also ohne Schmarrn: Ich denke nie darüber nach, ob irgendetwas in den USA oder in England gut ankommt. Sondern stelle mir höchstens die Frage, ob eine Szene universell verständlich ist und nicht nur im eigenen Kulturkreis. Aber so habe ich immer schon gearbeitet. Ich wollte nie ­eine Geschichte nur für meine Nachbarn erzählen, sondern immer auch für die in der nächsten Stadt.


Marco Kreuzpaintner

... ist studierter Kunsthistoriker und arbeitete als Assistent u.a. von Peter Lilienthal und Edgar Reitz, bis er mit »Ganz und gar« 2003 sein Spielfilmdebüt vorlegte. Bekannt wurde er mit der Jugendbuchverfilmung »Krabat«. In den USA drehte er »Trade – Willkommen in Amerika« mit Kevin Kline, in Deutschland zahlreiche Fernsehfilme, zuletzt »Sanft schläft der Tod«.

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