Die Fantasy Film Fest White Nights 2017

… zeigten schräge Horrorfilme aus der ganzen Welt. Und der neueste Film von Paul Schrader war auch dabei
»Dog Eat Dog« (2016). © KSM

»Dog Eat Dog« (2016). © KSM

Berlin, Köln, Nürnberg und Stuttgart hatten bereits am vergangenen Wochenende das Vergnügen, am Wochenende 21./22. Januar nun finden sie in Frankfurt und München statt: die White Nights, der zweite Ableger des sommerlichen Fantasy Film Fests

Glücklicherweise ist das Programm mit jeweils fünf Filmen an beiden Tagen diesmal gut gemischt, mit Schrecken erinnert sich der Stammbesucher noch an ein Wochenende vor einigen Jahren, dass gleich drei Home-Invasion-Filme präsentierte – da wich die Freude an der Genre-Variation schnell Ermüdungserscheinungen.

Dieses Mal also die ganze Bandbreite des Genres, einschließlich eines Science Fiction Films und eines leicht surrealen Crime Dramas. Das stammt von keinem geringeren als Paul Schrader (der darin zudem eine kleine Rolle übernommen hat) und wirkt, als wolle er Hollywood den Stinkefinger zeigen: Ich kann auch ohne Euch auskommen! Die Geschichte von »Dog Eat Dog« um drei Kleinganoven basiert auf einer Romanvorlage von Eddie Bunker und erinnert schon an den frühen Tarantino. Das darf man durchaus dilettantisch finden, kann aber auch seine Rotzigkeit genießen, zumal Nicolas Cage und Willem Dafoe in den Hauptrollen den Exzess auch darstellerisch pflegen.

Over the Top geht es teilweise auch in Mitchell Altieris »The Night Watchmen« zu. Da wird der Neuling im Team sogleich mit obskuren Aufgaben getestet – was natürlich nichts dagegen ist, als der Horror losbricht und ein von den Toten auferstandener berühmter Clown die Firmenmitarbeiter mit seinem Biss in Vampire verwandelt, die sich allerdings eher wie Zombies benehmen – von »Zompyres« spricht denn auch einer. Der richtige Mitternachtsfilm – enttäuschend höchstens, wenn man von dem Regisseur etwas Verstörendes erwartet hat, wie er es – als eine Hälfte des Duos »The Butcher Brothers« – vor Jahren mit »The Hamiltons« und dem Nachfolgefilm »The Thompsons« vorgelegt hat.

Verstörend war auch Bryan Bertinos Erstling »The Strangers«, was man vom Nachfolger »The Monster« nicht unbedingt sagen kann: der Kammerspielhorror, wenn Mutter und Tochter auf nächtlicher Landstraße mit der Titelkreatur konfrontiert werden, hält sich in Grenzen, die Alkohol- und Drogensucht der Mutter (Zoe Kazan), die mehrfach in Rückblenden beschworen wird, bleibt eine eher willkürliche Zugabe.

Fantasievoller war da das Monster, aber auch der plot von »The Void« von Jeremy Gillespie & Steven Kostanski: während sich draußen vor dem in Kürze geschlossenen Krankenhaus Männer in weißen Kutten versammeln, setzen drinnen Transformationen ein: keiner traut keinem (nicht ganz zu Unrecht) und am Ende bekommt das Ganze eine kosmische Dimension.

Eher konventionell dagegen der Science Fiction Film »The Osiris Child: Science Fiction Volume One«: einmal mehr ein Wettlauf mit der Zeit, um den Planeten zu retten, zwei Männer, die sich dafür zusammenraufen müssen und eine Vater-Tochter-Geschichte – immerhin beachtlich, was der Film mit bescheidenem Budget an Schauwerten auf die Beine stellt.

Als Publikumsliebling erwies sich zu Recht der neue Film des Neuseeländers Taika Waititi (diesmal ohne seinen Partner Jermaine Clement realisiert), der in »Hunt Fort he Wilderpeople« Sam Neill und seinen übergewichtigen neuen Pflegesohn auf eine Flucht durch die (auch hier) atemberaubende neuseeländische Landschaft schickt, geprägt von Begegnungen mit seltsamen Käuzen. Schade, dass die deutschen Rechte bei einem US-Major liegen, der offenbar keinen Kinostart geplant hat.

Mit »The Invisible Guest« variiert der Spanier Oriol Paulo das Muster seines Films »The Body« – ein Psychothriller, der immer neue Wendungen nimmt, wenn ein Paar nach einem Autounfall die Leiche eines jungen Mannes verschwinden lässt und alsbald zwischen eigenen Skrupeln, gegenseitigem Misstrauen und der Bedrohung durch jemanden, der offenbar Bescheid weiß, zerrieben wird.

Die Britin Alice Lowe hatte bereits als Co-Autorin von Ben Wheatleys Serialkillerfilm »Sightseers« gezeigt, dass sie nicht nur vor der Kamera brillieren kann. In ihrem Regiedebüt »Prevenge« zeichnet sie auch für Buch und Hauptrolle verantwortlich. Als werdende Mutter nimmt ihre Figur blutige Rache an all jenen, die den Tod des Kindsvaters verschuldeten. Aber ist es wirklich das Wesen in ihrem Bauch, das dafür die Verantwortung trägt, indem es sie immer wieder anstachelt?

Es gab für mich zwei überragende Filme im Programms. Zum einen »The Transfiguration« von Michael O'Shea, der seine Geschichte eines vierzehnjährigen farbigen Jungen in New York, der seine vampirischen Neigungen nur schwer im Zaum halten kann, als Hommage an »Let the Right One In«, aber auch George A. Romeros Frühwerk »Martin« erzählt, ernsthaft und düster mit wenigen lichten Momenten, wenn der Protagonist sich zu einem Mädchen aus der Nachbarschaft hingezogen fühlt. Zum anderen »Safe Neighbourhood« von Chris Peckover, der beginnt wie ein weiterer Home Invasion Thriller zur Weihnachtszeit, bis dem Zuschauer nach und nach klar wird, dass das Böse nicht von draußen kommt, sondern schon im Haus ist. Levi Miller gibt eine beeindruckende Performance als gestörter Teenager, der vor nichts zurückschreckt.

Bis auf »Prevenge« und »The Transfiguration« haben alle Filme einen deutschen Rechteinhaber – demnächst in der Videothek Ihres Vertrauens (obwohl: »Safe Neighbourhood« könnte ich mir als Alternative zum Familienfestprogramm in elf Monaten gut im Kino vorstellen).

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