Nachruf: Maureen O'Hara

Schauspielerin, 17.8.1920 – 24.10.2015
Maureen O'Hara

»Maureen O'Hara«

Mit Leib und Seele

»Ich bin keine Dame, wenn ich kämpfe«, sagt sie in einem der Abenteuerfilme, mit denen sie in den 1940er Jahren endgültig zum Star wurde. So viel furchtlose Unternehmungslust besaß kein anderer weiblicher Hollywoodstar ihrer Generation. Natürlich gehorchte die feurige Tatkraft, die sie als Piratenkönigin, Musketierstochter oder entführte Adlige bewies, Männerfantasien. Aber Maureen O’Hara war stets eine Spur gewitzter, stolzer und pragmatischer, als es die Genrekonventionen üblicherweise vorsahen. 

»Der Seeräuber« (1942)

Von den gestandenen Manns­bildern, die sonst im Abenteuerfilm den Ton angaben, ließ sie sich nicht einschüchtern. Im Fechten war sie oft geschickter. Tyrone Power hält sie bei der ersten Begegnung in »Der Seeräuber« mit einer Pistole in Schach. Errol Flynn schmettert sie in »Gegen alle Flaggen« die Drohung ins Gesicht, kein Mann, der sie so behandle, bliebe lange am Leben. Und selbst wenn sie einmal die hochmütige, feine Dame verkörpern musste, die von Banditen oder Piraten erbeutet wurde, begriff sie diese Bredouille als eine Situation, die mit Entdeckerfreude und Zielstrebigkeit zu meistern war. Wirklich bändigen durfte sie nur ihr engster Freund John Wayne. Er brachte neben ihrem Sex-Appeal noch die zweite Eigenschaft hervor, die ihre Leinwandpersona prägte: Kameradschaft.

»Spitfire«, Feuerkopf, lautet ihr Kosename in »Gegen alle Flaggen«. Das entsprach ihrem irischen Temperament ebenso sehr wie dem flammend roten Haar, das zusammen mit den funkelnd grünen Augen allein schon die Erfindung von Technicolor rechtfertigte. Der Zorn ist die hervorstechendste Regung ihrer Figuren. Durch das Kompliment »Du bist hübsch, wenn du wütend bist« war dieser Furor nicht zu entwaffnen. Die Ohrfeigen, die sie ihren Leinwandpartnern versetzte, waren zwar stets das Präludium zu einem Kuss. Aber den schenkte sie meist nur, wann es ihr gefiel.

»Gegen alle Flaggen« (1952)

John Fords pastorale Komödie »Der Sieger« und viele weitere Filme sind Variationen über Shakespeares »Der Widerspenstigen Zähmung«. Die Domestizierung ihrer Rebellinnen ging nicht ohne Demütigung ab (wobei ihr das Schlammbad am Ende von »MacLintock« sichtlichen Spaß machte). In den Ehestudien, die sie mit Ford drehte, spielt sie Frauen, die mit ihrer Heirat gleich auch dem Militär beitreten mussten. Dank ihrer gesellschaftlichen Herkunft und ihres stolzen Auftretens wirken sie dort zunächst deplatziert, erobern sich aber selbstbewusst ihren Platz. In »Mit Leib und Seele« und »Dem Adler gleich« bedeuten Liebe und Loyalität nicht einfach Unterordnung, sondern erwachsen aus dem Respekt vor dem Pflichtgefühl ihrer Männer.

Ihre Charaktere konnten für ihre Familien und ihre Überzeugungen (etwa die Patriotin in Jean Renoirs Résistance-Drama »Dies ist mein Land«) oder für die Rechte ihrer Geschlechtsgenossinnen einstehen. Einer ihrer frühen Filme, »Dance Girl, Dance« von Dorothy Arzner, dürfte sogar den Bechdel-Test bestehen: Dort streitet sie mit Lucille Ball nicht um einen Mann, sondern um das professionelle Selbstverständnis als Tänzerin. Im atemraubenden Schlussmonolog wirft sie die lüsternen Blicke der männlichen Zuschauer auf sich selbst zurück. Ihre Ambition, selbst Regie zu führen, erfüllte sich nicht.

»Der Sieger« (1952)

Ihre Memoiren »'Tis Herself« und Audiokommentare zu DVD-Ausgaben ihrer Filme zeigen, wie inbrünstig sie ihren Beruf liebte. Sie genoss die Arbeit an rauen Drehorten und führte ihre Stunts selbst aus. Derlei Tatkraft bewies sie auch im Privatleben. Als erster Hollywoodstar strengte sie eine Verleumdungsklage gegen das mächtige Skandalblatt »Confidential« an und gewann. Sie war überzeugte Republikanerin, hegte aber große Bewunderung für Che Guevara, den sie während der Dreharbeiten zu »Unser Mann in Havanna« kennengelernt hatte.

Und da sie auf der Leinwand stets geradeheraus und ohne Falsch war, dürfen wir uns der Gewissheit anvertrauen, dass ihr Leben deckungsgleich mit ihrer Legende war. Es wird schon stimmen, dass die Tochter einer Opernsängerin und eines Geschäftsmannes mit 16 doch noch eine Ausbildung als Sekretärin machte, obwohl sie da bereits seit zwei Jahren zum Ensemble des Abbey Theatre in ihrer Heimatstadt Dublin gehörte. Und es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln, dass sie im Einklang mit sich und ihrer Karriere starb: In ihren letzten Minuten lauschte sie der Musik aus ihrem Lieblingsfilm »Der Sieger«.

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