Frank Arnold im Gespräch mit Ron Mann über seinen Film »Altman«

Er hätte es heute schwer gehabt
»Ron Mann«

»Ron Mann«

Ron Mann über »Altman«, seinen Dokumentarfilm über den legendären Independent-Filmemacher

Mr. Mann, ist der Begriff "Altmanesque" Ihre eigene Wortschöpfung?

Nein, den hat sich Alan Rudolph ausgedacht. Altmans Schauspieler danach zu fragen, schien mir eine gute Möglichkeit, die besonderen Qualitäten Altmans auf den Punkt zu bringen. Ich wollte keinen konventionellen Film über einen unkonventionellen Filmemacher drehen. Als ich Altmans Witwe Kathryn Reed Altman 2011 bei einem Festival traf, das eine Altman-Retro ausrichtete, wusste ich noch nicht, wie der Film aussehen sollte - das gefiel ihr.

Haben Sie Altman zu seinen Lebzeiten je persönlich getroffen?

Nein, aber ich habe einmal einen Film mit dem Titel Grass gedreht. So kam es, dass wir beide in einem Komitee waren, das sich mit der Freigabe von Marihuana beschäftigte, also tauchten wir zumindest beide im selben Briefkopf auf. Ich habe ihn immer als einen Filmemacher der Gegenkultur gesehen und bemerkte, dass er älter war als die anderen dieser Filmemacher.

Wie und wo haben Sie recherchiert?

Zunächst verbrachte ich einen Sommer an der Universität von Ann Arbor, der Altman seine Sachen vermacht hatte. Erinnern Sie Sich an Jäger des verlorenen Schatzes, wo man in der letzten Szene lauter Kisten sieht? So kam ich mir vor. Da fand ich unter anderem über 400 Stunden mit Interviews, die er gegeben hatte, wenn seine Filme herauskamen. So dachte ich an einen Film, in dem er selber seine Geschichte erzählt.

War Kathryn Reed Altman, mit der er lange verheiratet war und die zudem seine engste Mitarbeiterin war, von Anfang an in das Projekt involviert?

Ja, sie lud mich zum Essen ein, dabei traf ich seine ganze Familie. Wenn Sie wissen wollen, wo die überlappenden Töne in seinen Filmen herkommen, seien Sie einmal bei seiner Familie zum Essen. Die Schauspielerin Lily Tomlin sagte, er habe am Set eine Familie geschaffen. Seine Familienmitglieder arbeiteten ja auch für ihn: der eine Sohn als Kameramann, der andere als Ausstatter.

Ihr Film enthält viele Ausschnitte aus home movies. War deren Existenz bereits bekannt?

Nein. Im Herbst nach den ersten Recherchen fragte ich Kathryn, hat er je home movies gemacht? Kathryn schickte mich nach Los Angeles, wo es einen weiteren Lagerraum gab. Dort lagerten 150 dieser Filme. Catherine selber hatte 25 Bände mit Fotos, sie waren immerhin 50 Jahre lang zusammen. In der UCLA, die Altmans Filme konserviert, gab es Filmdosen, die nie zuvor jemand geöffnet hatte, darunter auch Material vom Dreh zu vielen Filmen.

Waren die Home Movies alle noch im ursprünglichen Super-8-Format aufbewahrt?

Ja, zum Glück hatte ich noch einen Super-8-Projektor, auf dem ich sie anschauen konnte. Was wir auswählten, wurde dann umkopiert. Auf der amerikanischen DVD wird sich einiges davon finden, u.a. »The Kathryn Reed Story«, die er ihr 1965 als Geburtstagsgeschenk zukommen ließ. Mein Lieblingsfilm war übrigens einer, der kurz nach dem Dreh von »Popeye« entstand: Altman macht kein Hehl daraus, dass er froh war, aus Malta (wo die Dreharbeiten stattfanden) weg zu sein.

Haben Sie jetzt zur Vorbereitung alle seine Filme angesehen?

Ja, und es hat mir Spaß gemacht, sogar »Quintet«.

Mit dem hatte ich seinerzeit weniger Probleme als mit »A Perfect Couple«

»Perfect Couple« ist ein cooler Film, auch «O.C. and Stiggs« ist erstaunlich. Er war kein formelhafter Filmemacher, das hätte es für ihn heute, angesichts der Sequels und Comicverfilmungen, schwer gemacht. Vergessen wir auch nicht, dass er mit Tanner 88 das Fernsehen in den USA neu erfunden hat. Das war eine der ersten erfolgreichen Serien für HBO, ein Hybrid: einerseits arbeitete er mit Schauspielern, andererseits hatte er echte Politiker und Reporter vor der Kamera.

Wie bekannt ist er heute in den USA?

Er ist hoch respektiert! Ich habe diesen Film auf vielen Festivals gezeigt, in Mumbai war jede Vorführung ausverkauft, das hat mich überrascht. Scorsese sagte, er hatte den Mut, Kino als Kunstform zu behandeln. Leute wie Paul Thomas Anderson und David Gordon Green führen das fort. Er war ein Spieler, der viele Risiken auf sich nahm.

War die Frage, was "Altmanesque?" bedeutet, den Befragten vorher bekannt?

Die meisten Antworten waren spontan. Lily Tomlin benötigte zwei Stunden, um ihre Haare und ihr Makeup zu richten. Nach 15 Sekunden sagte ich "Das war’s!". Sie hatte vergessen, dass es nur eine einzige Frage war. Sie redete dann weiter über Bob. Tom Waits hielt den Beginn seines Konzerts für 20 Minuten auf, weil er noch mehr sagen wollte. Altman hat die Schauspieler an seiner Arbeit beteiligt, dafür sind sie ihm dankbar.

Sie sind also niemandem begegnet, der sagte: "Ich habe es gehasst, mit Altman zu arbeiten!"?

Nein, aber ich habe ja auch keine Studiobosse befragt.

... zur Filmkritik von »Altman«

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