Oscars 2014 - Ein netter Abend

"12 Years a Slave" (2013)

Sieger und Verlierer: ein Kommentar zur Oscar-Verleihung 2014 

In der Nacht von Sonntag auf Montag hat die Academy of Motion Picture Arts and Sciences zum 86. Mal in Los Angeles die Oscars verliehen. Dass die Veranstaltung auch in diesem Jahr größtenteils frei von Überraschungen war, ist gut so. Die Oscars sind eine Preisverleihung und keine Wundertüte. Ohnehin ist die Auszeichnung am Ende wesentlich weniger umstritten als zuvor die Nominierungen. Da die Aufregung über übergangene Kandidaten zum Ende der Award-Season bereits abgeflaut ist, sind die Oscars das, was sie fast immer waren: ein netter Abend mit Show und Schaulaufen, dessen politische Symbolkraft häufig überschätzt wird. Die Auszeichnung von Steve McQueens Drama 12 Years a Slave als bester Film ist löblich, denn es trägt offenbar dazu bei, der amerikanischen Gesellschaft zu helfen, das historische Trauma der Sklaverei nach beinahe 200 Jahren endlich zu überwinden. Die ganz große aktuelle Sprengkraft birgt der Film indes nicht.

Das landläufige Klischee, die Golden Globes, BAFTAs und Critic's Choice Awards würden den Weg für die Oscars bereiten, hat sich bewahrheitet. In den großen Kategorien sind die Ausgezeichneten weitgehend deckungsgleich. Für sechs der neun Bester-Film-Nominierten wäre der Sieg denkbar gewesen. Drei davon (Philomena, Nebraska und Her) hatten ohnehin kaum Aussichten – zu unbedeutend, zu sperrig, zu kunstvoll. Die restlichen sechs sind thematisch und formal allesamt passabel bis sehr gut. Letztlich entschied sich die Academy für das Naheliegendste. Beim Thema Sklaverei tritt man zumindest niemandem mehr auf den Schlips.

Ein roter Faden zieht sich kaum durch die Gewinner. Es sind Filme, die zentripetal auf ihre Hauptfiguren hin ausgerichtet sind. Diese befinden sich in einer physisch oder psychisch prekären Situation und kämpfen einen scheinbar aussichtslosen Kampf. Der Feind ist in jedem Fall keiner, dem man mit List, Lanze und Lektionen beikommen kann. In Gravity stellt sich Sandra Bullock verloren im mitleidlosen Weltall den Tücken der Schwerkraft, Matthew McConaughey sieht sich in Dallas Buyers Club mit seiner unheilbaren Aids-Erkrankung konfrontiert, und Chiwetel Ejiofor wird in 12 Years a Slave vom erbarmungslosen System der Sklaverei beinahe vernichtet.

Geht man nach der Zahl der abgesahnten Trophäen, steht Alfonso Cuaróns Gravity an der Spitze. Der erste Film, in dem 3D nicht nur zum Selbstzweck verkommt, räumte verdientermaßen sämtliche technischen Kategorien sowie den Preis für die beste Regie ab. Ansonsten blieb der eine große Gewinner aus - große Verlierer hingegen gab es zuhauf. Zehn Nominierungen, keine Trophäe: Gäbe es bei den Oscars einen zweiten und dritten Platz, David O. Russells Betrüger-Komödie American Hustle hätte wohl gleich mehrfach das Siegertreppchen bestiegen. Nach den bestehenden Regularien ging der Film jedoch leer aus. Das macht aber nichts: Sowohl Nebendarstellerin Jennifer Lawrence, als auch Hauptdarsteller Christian Bale haben bereits einen Oscar in der Tasche. Regisseur Russell war immerhin schon fünfmal nominiert, ebenso Hauptdarstellerin Amy Adams. Mag sein, dass die Schwarmintelligenz der Academy hier ausnahmsweise von ausgleichender Gerechtigkeit infiziert wurde und anderen den Vortritt ließ. Auch Martin Scorseses The Wolf of Wall Street, Nebraska mit Bruce Dern und das Piraterie-Drama Captain Phillips gingen komplett leer aus.

Dass Leonardo DiCaprio als bester Hauptdarsteller erneut übergangen wurde, mag ebenso ungerecht wie konsequent erscheinen. DiCaprio war gut, Matthew McConaughey besser. Ohnehin ist für McConaughey 2014 unbestritten ein großes Jahr. Zu Recht fragen sich Publikum und Medien, wo der Texaner in den letzten 20 Jahren sein Talent versteckt hielt. Gut, dass er es nun endlich ausgegraben hat. Sein rasanter Wandel vom smarten Rom-Com-Guy zum profilierten Charakterdarsteller kulminierte in seiner herausragenden Darstellung des aidskranken Cowboys Ron Woodroof in Dallas Buyers Club. Doch bereits zuvor hatte er sich mit Rollen wie Mud, seinem skurrilen Kurzauftritt in The Wolf of Wall Street und dem neuen Serien-Überflieger "True Detective" ins Bewusstsein des Publikums - und offensichtlich auch der Academy - gespielt.

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