04/2015

In diesem Heft

Tipp

Die Filme des kanadischen Regisseurs Atom Egoyan, der mit »The Sweet Hereafter« bekannt wurde, kommen bei uns nur noch auf DVD heraus
Eine düstere Geschichte um zwei psychopathische Männer, die Frauen entführen, foltern und ermorden, und den einzelgängerischen Expolizisten und -alkoholiker Matt Scudder, der sie zur Strecke bringen soll
23. bis 26. April, Rostock - FiSH – das Filmfestival im StadtHafen Rostock ist seit 2004 das Frühlingsevent der jungen deutschen Filmszene und bietet eine Plattform für Nachwuchsfilmemacher aus Deutschland und einem jährlich wechselnden Partnerlandes des Ostseeraumes
Am 3.4. um 20.15 Uhr läuft in der ARD das 165 Minuten lange Biopic »Grzimek«, eines der großen TV-Events dieses Frühjahrs. Parallel dazu erscheint der Film auch auf DVD
Das fortschreitende Vergnügen einer Geschlechtsumwandlung kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier Fantasien am Werke sind, die den Regisseur François Ozon seit dem Beginn seiner Karriere begleiten. Nicht immer kommt dabei mehr als ein originelles Kabinettstück heraus – meisterlich gespielt
Gerd Schneider spricht am 7.4. mit Rudolf Worschech über seinen Film »Verfehlung«

Thema

Einer wie der Essay- und Experimentalfilmer Robert Bramkamp hat es im Kino schwer. Trotzdem haben es die »Art Girls«, die 2013 in Hof liefen, jetzt auf die Leinwand geschafft. Aus diesem Anlass ein Streifzug durch Bramkamps Werk, das um Wissenschaft, Kunst, Pop und Landwirtschaft kreist
Ausnahmsweise haben wir einen Big Star in diese Rubrik gehievt. Weil Jennifer Aniston eigentlich ganz anders ist als in ihren Erfolgskomödien
Unsere "Steile These" des Monats April
Mit dem deutschen Widerstand beschäftigt sich das Kino selten. Jetzt hat Oliver Hirschbiegel die Geschichte des Einzelkämpfers Georg Elser neu verfilmt. Ein Überblick von Rudolf Worschech
Trotz Erfolgsdrucks zeugen die bislang produzierten Serien auch von der großen kreativen Freiheit, die Amazon seinen Serienmachern offenbar lässt
Er ist ein Allroundtalent: Schauspieler, Regisseur, Autor. Er kann Blockbuster, engagiert sich aber gerne für schräge Projekte im Independentsegment. Jetzt hat er mit Wim Wenders das Drama »Eyery Thing Will Be Fine« gedreht, in 3D. Anke Sterneborg porträtiert James Franco
Ein Typ, der aussieht wie Sid Vicious, macht noch keinen Punk-Film. Dazu gehört eine besondere Haltung, politisch, ästhetisch... Meint der Musikkritiker Klaus Walter

Meldung

"Zu Unrecht hatte er wohl angenommen, dass er technische Sachen mit hineinschreiben müsste in dieses Buch – etwa, wo die Kamera zu stehen hat. Ich sagte ihm: Das vergiss mal alles – das ist mein Job."
Fahri Yardim, 1980 in Hamburg geboren, ist seit seiner ersten größeren Kinorolle in »Chiko« (2008) schwer beschäftigt: in Filmen wie »Almanya«, »66/67« oder »Der Medicus«, als der vitale Hauptkommissar Yalcin Gümer in den Schweiger-Tatorten und nebenbei als Synchronsprecher (Rocket in »Guardians of the Galaxy«). Jetzt ist er in »Halbe Brüder« von Christian Alvart zu sehen
Jenseits der Wettbewerbsprogramme erinnerte das Festival an den im letzten Jahr überraschend verstorbenen Michael Glawogger
"Elser ist ein Seelenverwandter von Edward Snowden"
Der Produzent Ralph Schwingel wird neuer Direktor der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb)

Filmkritik

Eine junge Frau im erstickenden Gefängnis einer verbotenen Beziehung: Statt das Grauen von Missbrauch und Abhängigkeit knallig auszuschlachten, destilliert es die israelische Regisseurin Keren Yedaya umso wirkungsvoller aus behutsamer Beobachtung
Einmal auf der Freilichtbühne der Karl-May-Festspiele stehen, das ist Max größter Wunsch und er wird alles daran setzen, sich diesen Traum zu erfüllen. Sehr lebensnah umgesetzt mit leider misslungenen Erwachsenenfiguren
Drama über einen intelligenten, jungen Mann, der lange keine Chance hatte, die menschliche Sprache zu erlernen, ganz ohne die Klischees des Behindertenfilms
Oliver Hirschbiegels Biopic über Georg Elser und sein missglücktes Hitler-Attentat funktioniert als überfällige Geschichtslektion über einen vergessenen Helden und besseres Gegenstück zu seinem Untergang
Cornelia Funke Adaption: Ein ängstlicher Elfjähriger, eine Gespensterjägerin und ein grünes Glibbergespenst raufen sich zusammen, um die Erde vor dem Eiszeitgespenst zu retten. Lärmendes, eher unoriginelles deutsches Family Entertainment
Wim Wenders hat mit James Franco einen leisen Film über Schuld und Vergebung gedreht. Nur auf den ersten Blick ungewöhnlich ist sein Einsatz von 3D in »Every Thing Will Be Fine«, mit dem er Nähe zu seinen Figuren herstellt
»Meta-Remake« eines Horrorklassikers aus dem Jahr 1976: Zwischen dem Schrecken der Gegenwart und der Vergangenheit, zwischen Realität und Filmfiktion wird ein nicht unintelligentes Vexierspiel entfaltet
Das alte Romcom-Liedchen von zweien, die wissen müssten, dass sie sich lieben, aber so tun, als wären sie nur beste Freunde: Michael Dowse verschenkt den zauberhaften Charme von Zoe Kazan erfolglos an einen langweilig wirkenden Daniel Radcliffe
Alle Welt hat sich dagegen verschworen, dass Michel Leproux (Christian Clavier) endlich das lang gesuchte Album eines Jazzklarinettisten hören kann. Patrice Leconte inszeniert die Mischung aus Boulevardkomödie und Slapstick als flinke Fingerübung
Recht infantiler SciFi-Actioner über einen Polizeiroboter, der mit künstlicher Intelligenz ausgestattet und von Gangstern instrumentalisiert wird. Viel Geballer, wenig Hirn
Der Dokumentarfilm von Helen Simon ist mehr als Fallgeschichte: eine böse Lektion über familiären Kindesmissbrauch und kollektive Verdrängung, aber auch das Porträt einer mutigen Frau, die sich nicht schont
Etwa ein Jahr nach Mano Khalils »Der Imker« kommt nun ein weiterer überzeugender Dokumentarfilm über – diesmal junge – Flüchtlinge aus der Schweiz. Und über einen Lehrer, dessen pädagogische Leidenschaft ihnen das Ankommen etwas leichter macht
Wie porträtiert man den Künstler Helge Schneider in einem Dokumentarfilm? Es ist vor allem diese Frage, die Andrea Roggon, freiwillig oder unfreiwillig, in ihrem Film beantwortet
In seinem Drama um verdrängte Schuld und späte Sühne verknüpft Stephan Komandarev die Flüchtlingsnot von einst und heute an der bulgarisch-türkischen Grenze. Schade nur, dass der Plot um einen Mann, der aus materieller Not zum Schleuser wird, am Ende allzu aufdringlich zugespitzt wird
Mit seiner formal überzeugenden Dokufiktion über die kriminelle Karriere eines Berliner Zuhälters gelingt Rosa von Praunheim eine psychologisch dichte Studie über Missbrauch und Unterwerfung
Ein Musik-Dokumentarfilm über den »Alpenrocker« Hubert von Goisern, von Heimatfilmer Marcus H. Rosenmüller. Trotz mitreißender Musikaufnahmen aus dem Archiv etwas ermüdende Doku mit zu viel Promo-Einmütigkeit
Das Roadmovie über drei Halbbrüder, die quer durch Deutschland auf die Suche nach dem Erbe ihrer Mutter gehen, besticht gelegentlich durch unbekümmerte Gags, findet aber zwischen Klamauk und Integrationsbotschaft keine überzeugende Linie
Liebesgeschichte, Thriller und Sozialdrama – von der Genre-Mixtur dieser tschadisch-französischen Koproduktion bleiben vor allem die faszinierenden Vorstellungen des Tänzers Souleymane Démé in Erinnerung
Im Spannungsfeld zwischen Frankenstein und Spielbergs »A.I.« gelingt Alex Garland mit »Ex Machina« ein visuell interessanter Film, der als Hightech-Kammerspiel mit drei überzeugenden Darstellern daherkommt. So smart, wie sie zu sein vorgibt, ist die nur oberflächlich ausgelotete Geschichte allerdings nie
Die Disney-Verfilmung des populären Bilderbuchs setzt statt Charme eher auf routinierte Situationskomik, kann aber dank seines Darstellerensembles um Steve Carell und Jennifer Garner überzeugen
In der Fortsetzung von »Die Bestimmung – Divergent« begibt sich Tris in den Ruinen eines dystopischen Chicagos auf die Suche nach Verbündeten. Wie so oft im Trilogie-Geschäft leidet »Insurgent« dabei unter dem Mittelteilsyndrom: keine Exposition, aber auch kein Finale
Vier DDR-Jugendliche gründen eine HipHop-Crew und geraten ins Visier der Staatsmacht. Trotz Klischees gelingt es in »Dessau Dancers«, die Unvereinbarkeit von kreativer Freiheit und Gleichschaltung zu verdeutlichen
Der australische Episodenfilm »Der kleine Tod« findet überraschende Wendungen für bekannte Perversionen und geheime Fantasien und macht es dem Zuschauer gar nicht leicht, alles lächerlich zu finden
Das ALS-Drama lässt sich nicht von der Dynamik der Krankheit leiten, sondern benutzt diese nur als Vehikel, um allerhand Weisheiten über das Leben, die Liebe und die Freundschaft unterzuheben. Man sieht die vielen guten Absichten und ist verstimmt
Simenon-Verfilmung von und mit Mathieu Amalric, die von der ersten bis zur letzten Sekunde die Anspannung der hohen Erwartung durchhält. Die Handlung wird fast zur Nebensache. Ein kleines Meisterwerk!
Jennifer Aniston, einst Publikumsliebling aus »Friends«, schlüpft in die Rolle einer unsympathischen, verbitterten Schmerzpatientin und zeigt intelligent und nachvollziehbar deren Kampf ums Besserwerden
Schade, dass Tim Burton sich letztlich auf die schöne Oberfläche beschränkt und sein aufregendes Thema psychologisch nicht tiefer auszuloten versteht. Der feministische Kern ist allerdings deutlich herausgearbeitet
Kein letztes Jahr im Marigold. Das provisorische indische Hotelparadies will expandieren. Als neuer Gast in der Underdog-Kommune der Senioren überrascht Richard Gere in einer grandiosen Altersrolle. Ein geschickt gemachter Mainstream-Film über globale und private Sehnsüchte, nicht nur für ein reifes Publikum
In der iranischen Öl-Stadt Bad City, die wie ein dreckiges Western-Nest wirkt, geht nachts ein besonderer Vampir auf Beutezug. Ein Girl, das ganz und gar in den Tschador-Schleier gehüllt ist, um mit der Nacht eins zu werden. »A Girl Walks Home Alone at Night« is ein düster-romantisches Nocturno, von der Regiedebütantin Ana Lily Amirpour in persischer Sprache in den USA gedreht
Krisenkino: Mit authentischem Furor spürt der Grieche Syllas Tzoumerkas in »A Blast« anhand eines raffiniert verschachtelten Familiendramas dem Zusammenhang zwischen privater und finanzpolitischer Misere nach
Wie kann man den Hunger bekämpfen auf einer Welt, deren Bevölkerung in immer schnellerem Tempo wächst? Fragen, mit denen Valentin Thurn direkt an seinen »Taste the Waste« anknüpft. Und Antworten, die erfreulich konkret ausfallen
Das quietschbunt durchkolorierte Animation-Abenteuer aus dem Hause Dreamworks vereint ein putziges Alien und ein zwölfjähriges Mädchen. Der Film ist ähnlich stimmungsvoll aufgekratzt wie eine Ausgabe der "Bravo Girl"
Eine Groteske über die Flucht eines jungen Mannes aus der Hippie-Provinz ins wilde Punk-Berlin, Anfang der 1980er Jahre. Grell und derb, kunterbunt und dann wieder schwarzweiß zeichnet Oskar Roehler ein Panoptikum schräger Typen, die sich treiben lassen. Das tolle Ensemble, bizarre Momentaufnahmen, der Mut zur Hässlichkeit und die melancholische Grundierung entschädigen für den Mangel an Spannung und Drive
Radikale Versuchsanordnung des philippinischen Undergroundregisseurs Khavn: Motive einer Liebes- und Rachegeschichte werden lose zu einer stilistischen Tour de Force verknüpft, die ebenso abstrakt wie exzessiv mit Genremotiven spielt
Ruby und Martin, zwei sensible Teenager, wollen der Enge der westdeutschen Provinz entfliehen und landen in christlichen Erziehungsheimen. Christian Frosch wirft einen Blick zurück im Zorn auf die Jahre '68 bis '77 und schließt mit diesem formal brillanten Melodrama direkt an das Spätwerk Rainer Werner Fassbinders an

Film