Kritik zu Zeiten ändern dich

© Constantin Film

Ein Biopic über einen deutschen Gangsta-Rapper, mit ihm selbst in der Hauptrolle – das muss einfach eine Idee von Erfolgsproduzent Bernd Eichinger sein: Bushidos Lebensgeschichte im Kino

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Deutschlands erfolgreicher Produzent Bernd Eichinger sieht weiteres Blockbusterpotenzial in der deutschen Geschichte. Nach den umstrittenen Produktionen über das Ableben von Adolf Hitler, Andreas Baader und Ulrike Meinhof hat er jetzt den Deutschrapper Bushido als publikumswirksame Figur neuer deutscher Geschichte auserkoren. Nicht unbedingt die logische Konsequenz, möchte man meinen. Doch der ehemalige Schulhof-Drogendealer Bushido (mit bürgerlichem Namen Anis Mohamed Youssef Ferchichi) ist inzwischen ein erfolgreicher Musiker und Schlagzeilenlieferant.

»Zeiten ändern dich« basiert auf der Biografie des Kreuzberger Ghettokids und dokumentiert pseudopädagogisch seinen Aufstieg zum gefeierten Hip-Hop-Star mit Migrationshintergrund. Schon als Kind muss Anis erleben, wie seine Mutter vom betrunkenen Vater verprügelt wird. Er dealt mit Drogen, bricht die Schule ab, landet in der Besserungsanstalt, findet schließlich sein Ventil in aggressivem Sprechgesang und nennt sich selbst Bushido (»Der Weg des Kriegers«). Am Schluss darf er als erster »Kanake« ein Konzert vor dem Brandenburger Tor geben. Und weil seine Mutti (Hannelore Elnser) so eine große Bewunderin von Karel Gott ist, lädt er die goldene Stimme aus Prag einfach zu dem Konzert ein, um mit ihm im Duett »Für immer jung« zu singen. Und auch seinem inzwischen kranken Vater (Adolfo Assor) hat er vergeben, damit auch der zu Tränen gerührt mitschunkeln kann.

Sämtliche Figuren in dem Film bleiben skizzenhaft und werden von namhaften deutschen Schauspielgrößen wie Katja Flint, Moritz Bleibtreu oder Uwe Ochsenknecht wie Witzfiguren gespielt. So hanebüchen und klischeebeladen die vermeintlich wahre Geschichte auch sein mag, den letzten Twist zur Realsatire bekommt das Werk durch die immer wieder auftauchende Erzählerstimme Bushidos, der sich in »seinem Film« einfach selbst spielt. Wenn der einst so ungezogene Rapper in gekünsteltem Hochdeutsch seine One-Liners abliest, kann man sich das Lachen nicht verkneifen. Das ist sicher nicht im Sinne der Filmemacher, wertet den Film aber zu einer wahren Trashperle mit nicht zu unterschätzendem Unterhaltungswert auf.

Nach »Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo« (1981), »Letzte Ausfahrt Brooklyn« (1989) und »Der Baader Meinhof Komplex« (2008) ist das Ghettodrama der unspektakulärste Film, den Regisseur Uli Edel für Eichinger gedreht hat. Das aktuelle Provokationspotenzial des inzwischen gezähmten Bürgerschrecks haben die beiden sicher überbewertet. Ihr Film ist peinlich für alle Beteiligten, aber vielleicht gerade deshalb auch ein liebenswert naives Machwerk, halt eine typisch deutsche Version von »8 Mile« (dem Biopic des US-Rappers Eminem). Bushido ist kein begnadeter Schauspieler, nimmt sich und seine Mission aber so ernst, dass er auf der Leinwand unfreiwillig komisch wirken muss. Diese Unbeholfenheit vor der Kamera erzeugt Mitleid und macht ihn auch sympathisch. Schließlich lässt es sich über Bushido einfacher und befreiter lachen als über Adolf Hitler oder die RAF.

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