Kritik zu Viva Riva

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Sex und Gewalt im Gangstermilieu von Kinshasa: Mit Djo Mungas Film kommt statt der sonst für den Weltmarkt produzierten afrikanischen Exportware das rare Stück eines populären Genrethrillers in unsere Kinos

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Nach zehn Jahren kehrt Riva in den Kongo zurück. Im Nachbarland Angola ist er die rechte Hand von Gangsterboss Cesar gewesen, aber ihre Trennung verlief nicht gütlich. Eine ganze Lastwagenladung Benzin hat Riva bei seinem Abschied mitgehen lassen; im Kongo ist Benzin Mangelware. Die Taschen in Gedanken bereits voller Geld, kommt er wie ein kleiner Scarface in Kinshasa an. Doch schnell muss Riva feststellen, dass das Kinshasa, in das er zurückkehrt, nicht mehr die Stadt ist, die er vor Jahren verlassen hat. Azor hat in der Zwischenzeit die Geschäfte übernommen, kein Deal läuft ohne sein Wissen ab. Riva lässt sich davon wenig beeindrucken. Als erstes macht er sich an Azors Freundin, die unnahbare Nora, ran, dann schlägt er dessen Leibwächter zusammen. Riva hat etwas, was Azor unbedingt will: Benzin. Azor wiederum hat etwas, das Riva um jeden Preis möchte: Nora. Und plötzlich taucht auch noch Cesar mit seiner Gang in Kinshasa auf, um sich zurückzuholen, was ihm gehört.

Eigentlich ist schon die bloße Existenz von Viva Riva eine kleine Sensation. Die wenigen afrikanischen Filme, die es über die üblichen Festivalkanäle nach Europa schaffen, sind kaum repräsentativ für das, was sonst in afrikanischen Kinos zu sehen ist. Sie sind, vereinfacht ausgedrückt, Exportprodukte für den Weltmarkt, finanziert mit größtenteils europäischem Geld. Auch Viva Riva hätte nicht ohne europäische Finanzspritzen realisiert werden können; Regisseur Djo Tunda wa Munga hat das Filmhandwerk in Belgien erlernt. Trotzdem ist Viva Riva ein starker Ausweis für ein populäres afrikanisches Unterhaltungskino. MTV, das über einen guten Riecher für alles Populäre verfügt, vergab im letzten Jahr den ersten afrikanischen Best Movie Award an Viva Riva. Seitdem ist der Film in knapp zwanzig afrikanischen Ländern gelaufen.

Man muss gar nicht erst einen Vergleich mit beispielsweise Gavin Hoods Tsotsi bemühen, um die Qualitäten von Viva Riva zu erkennen. Munga hat seinen Film in Interviews auch als ein Lehrstück über sein Heimatland bezeichnet. Die leicht ausschweifende Erzählung findet im polyrhythmischen Soundtrack eine schöne Entsprechung. Mungas Impressionen seines Landes, das politisch und wirtschaftlich am Abgrund steht, zeigen wenig Interesse an einer von folkloristischem Lokalkolorit und Drittweltelend dominierten Ghetto-Ästhetik. Wenn Cesar den Kongo einmal als Scheißhaufen Afrikas bezeichnet, steckt darin auch eine offene politische Kritik, die mit den wohlfeilen Zynismen, die man gerade aus amerikanischen Filmen über Afrika kennt, nichts zu tun hat. In seiner Faszination für Sex und Gewalt, die die Handlung oberflächlich betrachtet motivieren, unterscheidet sich Viva Riva natürlich kaum vommwestlichen Genrekino. Munga aber findet zwischendurch immer wieder Bilder von schockierender Klarheit. So auch in der Schlusseinstellung, wenn sich nach einem großangelegten Massaker ein kleiner Junge hinter das Steuer eines Jeeps setzt, die Tasche mit dem Blutgeld neben sich – und so tut, als würde er mit dem Auto davonfahren. Einfach so. Es ist ein Bild zwischen Unschuld und totaler Ohnmacht.

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