Kritik zu Verteidiger des Glaubens

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2005 wird der Deutsche Joseph Ratzinger zum Papst gewählt. Im Februar 2013 gibt er als Benedikt XVI. seinen Amtsverzicht bekannt. Der Regisseur Christoph Röhl untersucht nun in seinem Dokumentarfilm, wie es dazu kam

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Im Jahr 2005 wird der Deutsche Joseph Ratzinger zum Papst gewählt. Er gibt sich den Namen Benedikt XVI.: Benedictus – das bedeutet gepriesen, gesegnet. Auf dem Wirken dieses Oberhaupts der römisch-katholischen Kirche lag indes nicht genug Segen. Im Februar 2013 gibt Benedikt XVI. seinen Amtsverzicht bekannt. Der Regisseur Christoph Röhl untersucht nun in seinem Dokumentarfilm »Verteidiger des Glaubens«, wie es dazu kam. Obwohl er kein Gläubiger sei, so konstatiert Röhl in den Materialien zum Film, habe ihn die außerordentliche Anziehungskraft der weltweiten katholischen Kirche immer fasziniert. Und so ist man als Zuschauer denn auch immer wieder mit prachtvollen religiösen Inszenierungen konfrontiert, Szenen von Gottesdiensten mit unzähligen Gläubigen, von Priesterweihen, Kirchen und Kathedralen.

Das entspricht dem Bild der triumphalen Kirche, das Ratzinger hochhielt, der sich auch als Verteidiger ihres absoluten Wahrheitsanspruchs gegenüber dem modernen Relativismus profilierte. Sich selbst sah er als Mitarbeiter dieser Wahrheit in einem »Haus voll Gloria«. Dass es in diesem Haus der Kirche allerdings auch etliche dunkle Dreckecken gab, wie spätestens mit den Missbrauchsskandalen öffentlich wurde, aber auch durch vielfältige Korruptionsfälle, überforderte Benedikt XVI., der als Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre und Dekan des Kardinalskollegiums eher in theologischen Fragen denn praktisch Krisen managend tätig wurde. Für Letzteres war er offenbar nicht geeignet.

Aber war Joseph Ratzinger dann überhaupt für das Amt des Papstes geeignet? »Verteidiger des Glaubens« zeichnet das Bild eines Mannes, der das Erhabene, Gute und Edle am christlichen Glauben noch stärker überhöhte, als dies ohnehin etwa in der Liturgie geschieht. Während der filmischen Reisen zu den Orten von Ratzingers Werdegang, etwa nach Tübingen, wo er an der Universität lehrte, entfaltet sich das Bild einer geistigen und geistlichen Entwicklung, deren Kernfesten spirituelle Reinheit, hehre Ordnung und hingebungsvolle Hierarchiebindung waren. Mit der wenig erhabenen Wirklichkeit krimineller Verfehlungen in seiner Kirche hatte dieser Stellvertreter Christi fundamentale Schwierigkeiten.

Röhls eigene Inszenierung ist dem Gegenstand angemessen konservativ; er befragt Weggefährten und Mitarbeiter Ratzingers ebenso wie Kritiker – wobei die vielen Talking Heads auch etwas atemlos machen. Dass Joseph Ratzinger aufgrund seiner Stellung nie direkt befragt werden konnte, ist eine verständliche Lücke. Auch dass hier nie zwischen dem Glauben an sich und den Mängeln der Institution Kirche unterschieden wird, liegt in der Natur der Sache, wobei den innerkirchlichen Strukturen, dem Ordnungsgefüge des Katholizismus etwa am Beispiel der »Legionäre Christi« enorme kritische Aufmerksamkeit gewidmet wird. Unnötig und direkt störend ist nur die nicht eben seltene Dämonisierung, die in diesem Film mittels der Musik vorgenommen wird, unterschätzt dies doch die Reflexionsfähigkeit der Zuschauer. Das Ideal einer zwar kleineren, dafür aber auch »reineren« und glaubenstreueren Kirche hat sich jedenfalls inzwischen längst auch in anderen Glaubensrichtungen verbreitet.

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