Kritik zu Sully

© Warner Bros.

Clint Eastwood will in seiner Verfilmung des »Wunders auf dem Hudson« einen Helden retten, der eigentlich gar keine Rettung braucht

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Am 15. Januar 2009 startete der Linienflug US Airways 1549 vom New Yorker Flughafen LaGuardia, um über den Zwischenstopp Charlotte, North Carolina nach Seattle/Tacoma zu fliegen. Das Flugzeug war kaum drei Minuten in der Luft, als ein Vogelschlag den Ausfall beider Triebwerke bewirkte. Mit schnellem Handeln gelang es dem Flugkapitän Chesley »Sully« Sullenberger, seinen Airbus A320 im Gleitflut wiederum kaum drei Minuten später auf dem Hudson River notzulanden. Die Passagiere konnten über Notrutschen, die zugleich als Rettungsfloß eingesetzt wurden, evakuiert werden; nur wenige sprangen in den kalten Fluss. Alle 155 überlebten. Der sympathische und bescheidene Flugkapitän wurde als Held gefeiert.

Die Geschichte ist so schön wie eigentlich konfliktlos. Um einen Film von selbst 96 schlanken Minuten zu machen, wendet das Drehbuch (Todd Komarnicki nach Sullenbergers zusammen mit Jeffrey Zaslow verfasster Vorlage »Highest Duty«) einen durchsichtigen Kniff an: Es spielt die Konfrontation zwischen Pilot Sullenberg und der Kommission hoch, die im Auftrag des NTSB (National Transportation Safety Board) den Vorfall untersuchte. Nicht nur dass der von Tom Hanks (von wem sonst?) gespielte Sully mehrfach von Alpträumen heimgesucht wird, in denen sein Flugzeug in Flammen über Manhattan aufgeht – eine bekannte Nachrichtenfrau stellt auch noch die Frage, ob Sully nun ein Held oder ein Heuchler sei – was sich aber auch als Alptraum erweist. Kein Traum jedoch ist, dass Sully sich von den Kommissionsmitgliedern als Heuchler behandelt fühlt, die ihn mit der These konfrontieren, er wäre besser nach LaGuardia zurückgeflogen oder hätte woanders sicherer landen können. Wie das so ist bei regierungsbeauftragten Schreibtischtätern, argumentieren sie auch noch mit Technik: Computersimulationen hätten ergeben, dass eine Landung im Hudson mit der Folge Totalschaden für den Airbus überflüssig war. Aber man kennt Tom Hanks schlecht, wenn man denkt, dass er solche Vorwürfe auf sich sitzen lässt.

Muss man sagen, dass es diese Konfrontationen zwischen Pilot und NTSB so nicht gab? Das würde vielleicht schon bedeuten, dass man Eastwoods Version der Dinge allzu ernst nimmt. Schließlich kommt der ganze Film als ein einziges Schulterklopfen für den tollen, sympathischen, würdigen, bescheidenen Helden daher. Und der macht in Gestalt von Tom Hanks seine Sache so gut, dass man nicht wirklich etwas dagegen einwenden will. Was nicht ganz über die nervigen Wiederholungen hinwegtröstet, die Szene um Szene belegen wollen, wie toll Sully ist und wie froh die Leute sind, deren Leben er durch sein beherztes Manöver gerettet hat. Öder sind nur noch die Telefongespräche zwischen Sully und seiner von Laura Linney gespielten Ehefrau Lorraine, die, wie üblich in Männerfilmen wie diesem, natürlich diejenige ist, die vom stoischen Sully ständig beruhigt werden muss. »Darling, mir geht’s gut, ich ruf später noch mal an« ist eine Dialogzeile, die auch ein Tom Hanks nur begrenzt variieren kann.

Meinung zum Thema

Kommentare

Liebe Barbara Schweizerhof,

Die epd film ist in meinen Augen die beste deutschsprachige Publikation überhaupt. Gratulation. Deswegen eine kleine Kritik: Personen können nicht evakuiert werden, sondern nur Gebäude oder Städte!

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