Kritik zu The Sapphires

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Als musikalische Komödie vor dem Hintergrund des Vietnamkriegs kommt der Debütfilm des Australiers Wayne Blair auf den ersten Blick daher. Die Adaption des Theaterstücks von Tony Briggs beruht auf realen, nicht durchweg heiteren Ereignissen

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Die Motive sind nahezu alle wohlbekannt, die Militärjeeps, die durch die Straßen von Saigon fahren, die zerstörten Gebäude, die Leichen, die Feldlager der US-Truppen und natürlich die Hubschrauber. Aber auch weniger geläufige Bilder wie die Bühne am Fluss aus der Truppenunterhaltungssequenz in Apocalypse Now, die Francis Ford Coppola erst Jahrzehnte später in seine »Redux«-Fassung aufgenommen hat, kehren wieder. Allerdings ist der Blickwinkel ein ganz anderer. Der Australier Wayne Blair nähert sich in seinem ersten Kinofilm dem Vietnamkrieg aus einer ziemlich ungewöhnlichen Perspektive. So wirkt selbst das Vertraute mit einem Mal wieder fremd und neu.

Die drei Schwestern Gail (Deborah Mailman), Cynthia (Miranda Tapsell) und Julie (Jessica Mauboy) wollen einfach nur weg aus Cummeragunja, einer dieser sogenannten »Missions«, auf denen die Aborigines mehr oder weniger abgeschnitten von der Welt leben.  Ihr Gesangstalent könnte ihnen dabei helfen. Doch die von Rassismus geprägte australische Gesellschaft der 60er Jahre akzeptiert einfach keine Aborigine-Girlband. So endet ein Auftritt in der nächstgelegenen Kleinstadt mit einer Demütigung der Schwestern.

In diesem Moment kippt erstmals die Stimmung in The Sapphires. In den spielerisch-leichten Ton der Erzählung, die getragen wird von dem unbeirrbaren (Über-)Lebenswillen der Soul-Musik der 50er und 60er Jahre, mischt sich ein düsterer Unterton. Wayne Blair verzichtet zwar auf die große Anklage und damit auch auf die offene Abrechnung mit einer Gesellschaft, die Australiens Ureinwohner schamlos ausgebeutet und offen verachtet hat. Aber er verschweigt und beschönigt die Ungerechtigkeiten auch nicht. Bei ihrem Auftritt lernen die drei Schwestern den ziemlich heruntergekommenen Entertainer und Möchtegern-Manager Dave Lovelace (Chris O’Dowd) kennen. Eigentlich nehmen sie ihn von Anfang an nicht ernst, aber ihm gelingt es, ihnen und ihrer Cousine, der sehr hellhäutigen Kay (Shari Sebbens), die ihrer Mutter vor zehn Jahren vom Staat weggenommen wurde, damit sie unter Weißen aufwächst, ein Vorspielen bei der amerikanischen Armee zu verschaffen. Die Truppen in Vietnam müssen unterhalten werden. So bietet sich den vieren, die sich nun The Sapphires nennen, eine einmalige Chance.

Selbst in Vietnam behält der Film, der auf wahren Begebenheiten beruht – Laurel Robinson, die Mutter des Autors der Vorlage, Tony Briggs, lieferte das Vorbild für die stimmlich überragende Julie –, noch seine optimistische, das Leben bejahende Haltung bei. Kriegsfilm und Komödie nähern sich auf verblüffende Weise an. Das kann man durchaus als klassische Feelgoodstrategie Hollywoods verstehen. Schließlich waren die Gebrüder Weinstein an der Produktion beteiligt. Aber unterschwellig bleibt der Wahnsinn des Krieges selbst in den mitreißenden Gesangsnummern und den romantischen Eskapaden der jungen Frauen immer präsent. Wayne Blair fügt dem Kosmos des Vietnamkriegsfilms, in dem Popmusik immer schon eine zentrale Rolle gespielt hat, eine neue Facette hinzu.

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