Kritik zu Prometheus – Dunkle Zeichen

© 20th Century Fox

Wissenschaftler reisen zu einer fernen Galaxie, auf der Suche nach den Ursprüngen der Menschheit – und landen direkt im finsteren Universum von Alien: Ridley Scott kehrt zum eigenen Werk zurück

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Der Entwicklungsprozess war lang und wohl auch etwas konfus: Anfang der 2000er Jahre entstanden Pläne für ein oder sogar zwei Alien-Prequels. Ridley Scott sollte lediglich produzieren, James Cameron Regie führen. Dann kam Alien vs. Predator, und die Prequel-Pläne wurden erst mal auf Eis gelegt. 2009 nahm Scott sich erneut des Projekts an. Ein Drehbuch von Jon Spaihts war ihm nun jedoch zu nah an Alien, und er erarbeitete mit Damon Lindelof, Koautor der »Lost«-Serie, eine neue Fassung, die so gut wie nichts mehr damit zu tun haben sollte. Zum fertigen Film lautet die offizielle Sprachregelung nun, er sei vollkommen eigenständig, trage aber Alien-DNA in sich.

Diese DNA ist allerdings reichlich vorhanden, und auch eine gewisse Konfusion ist in Prometheus spürbar. Eine Unmenge an Nebensträngen werden da angerissen, von denen manche obskur bleiben und andere sich in der Weite des Alls verlieren. Was immerhin zum Nachdenken anregt. Der Hauptplot lässt sich noch recht stringent zusammenfassen. Die Entdeckung prähistorischer Malereien aus ganz verschiedenen Kulturen weist den Weg: Allesamt zeigen sie eine Weltraumkarte mit identischer Planetengruppe. In der Hoffnung, dort die Ursprünge der Menschheit zu finden, ja die »Götter« zu treffen, die uns einst erschaffen haben, bricht im Jahr 2093 ein Team von Wissenschaftlern um Elizabeth Shaw (Noomi Rapace) mit dem Raumschiff »Prometheus« zu dieser fernen Galaxie auf. Doch der Konzern Weyland Industries, Sponsor der Expedition, verfolgt in Gestalt seiner kühlen Repräsentantin Meredith Vickers (Charlize Theron) eine eigene Agenda. Und wie sich bald herausstellt, war bereits Shaws Interpretation der Malereien als »Einladung« jener Außerirdischen ein fataler Irrtum.

Bei der Erforschung der Bauwerke auf dem Zielplaneten stoßen die Forscher auf immer mehr Befremdliches, während der Zuschauer im künstlichen Höhlensystem bereits das vertraute – deshalb aber nicht weniger ungemütliche – Alien-Universum und seine narrativen Muster wiedererkennt. Und je weiter die Handlung fortschreitet, je übler der Besatzung der »Prometheus« mitgespielt wird, desto mehr tritt dann auch der Alien-Phänotyp wieder zutage. In den Designs der Artefakte wie in der gigeresken Xenobiologie wird direkt an den ersten Film der Reihe angedockt. Darüber hinaus entwirft Scott aber eine eigene Genealogie und lässt die Originalmotive zu einem düsteren Kosmos voller Verweise auswuchern,vom griechischen Mythos bis Erichvon Däniken, von Miltons »Paradise Lost« bis H. P. Lovecraft und Carpenters Das Ding auseiner anderen Welt. Mit Noomi Rapace macht er abermals eine starke Frau zu seiner Heldin,doch anders als Sigourney Weavers Ripley wird sie nicht nur mit physischer Vernichtung bedroht, auch ein metaphysischer Abgrund tut sich für sie auf, denn anfangs glaubt sie fest an das Gute der »Götter«. Diese aber reagieren auf die menschliche Suche nach Rat und Zuwendung eher unwirsch. An Drastik lässt Prometheusjedenfalls kaum zu wünschen übrig, und eine der in dieser Hinsicht prägnantesten Szenen erlebt Shaw am eigenen Leib.

Viele Aspekte kann man an Prometheus bemängeln: seine Logiklöcher, die allzu erklärungsseligen nDialoge, die verschenkten Charakteremund Konstellationen, die oft viel zu aufdringliche Musik – oder den Unsinn, Guy Pearce einen 100-Jährigen spielen zu lassen, in so unkenntlicher wie unglaubwürdiger Maske. Trotz alledem ist Prometheus ein kraftvoller und mitreißender Film, in vielem faszinierend, in manchem furchterregend. Er ist von überwältigender visueller Gestaltung und gewinnt dank weitgehend handwerklich gestalteter statt computergenerierter Sets eine geradezu greifbare Räumlichkeit, nicht nur in der 3D-Version. Und er hat Humor: So gehört Michael Fassbenders Darstellung des Androiden David – so etwas wie der höfliche Hausdiener der »Prometheus«, doch mit dunklen Seiten – sicher zu den famosesten Roboterporträts der Filmgeschichte. Wie er sich etwa, begeistert von Lawrence von Arabien, Gestus und Diktion Peter O’Tooles aneignet, ist zugleich komisch und unheimlich.

Am Ende jener Reise bleibt nicht nur einiges offen, es wird auch eine Saat gelegt, die in einem weiteren Film aufgehen kann: dem Sequel zum Prequel.

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