Kritik zu Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen

© Warner Bros. Pictures

Die Schlacht beginnt: Das nette »Harry Potter«-Spin-off mausert sich im zweiten Teil zum Mega-Franchise. Trotz bombastischer Effekte gibt es allerdings auch Leerstellen

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Teil eins war hübscher Hokuspokus: ein locker-leichtes Spin-off aus dem »Harry Potter«-Universum, das sich selbst nicht ganz so ernst nahm. Mit viel Fantasie erschuf J.K. Rowling darin eine eigenständige, nur lose mit dem Hauptwerk verknüpfte Welt – weniger geradliniges Prequel als verspielte Fingerübung. Ein legendäres Lehrbuch aus »Harry Potter« lieferte die »Vorlage« für die Story um seinen Verfasser, einen schrulligen Magizoologen, und vermutlich hätte Rowling sich selbst kaum vorstellen können, dass in dem schmalen Lexikon genug Stoff für ein komplettes Blockbuster-Franchise steckt.

Zwei Jahre und 800 Boxoffice-Millionen später sieht die Sache anders aus: Nicht weniger als fünf Filme soll die Reihe nach aktueller Planung umfassen, und Teil eins wirkt plötzlich wie eine heitere, allerdings nicht sonderlich gehaltvolle Ouvertüre für ein Epos, das nun doch die Nähe zum Original sucht wie einst die nachgeschobenen »Star Wars«-Prequels. Teil zwei wiederum stemmt sich mit großer Vitalität, aber doch vergebens gegen das dramaturgische Grundproblem, das fast allen episodisch angelegten Mittelteilen innewohnt: Die Kutsche (um im Bild einer frühen Szene zu bleiben) nimmt zwar mächtig Fahrt auf, irgendwann aber schiebt das Drehbuch einen Zauberstab zwischen die Speichen und bremst ganz gewaltig. Die Reise fängt schließlich gerade erst an und muss noch lange, lange dauern.

Mit dem Wechsel von New York nach Europa verbinden Rowling (als Autorin) und »Potter«-Veteran David Yates (als Regisseur) nicht nur einen Story-Neuanfang, sondern auch einen erstaunlichen Stimmungswandel. Die kindgerechte Komödie weicht einer deutlich finstereren Fantasy-Tonlage; die niedlichen Tierwesen spielen nur noch Nebenrollen, während ein brachialer Kampf um die Macht ins Zentrum des Geschehens rückt. Der titelgebende Grindelwald, von Johnny Depp mit angenehm stoischer Härte verkörpert, verfolgt nach gelungener Flucht mit rigoroser Gewalt seine Ziele und zwingt die Heldinnen und Helden des ersten Teils, allen voran den nerdigen Newt Scamander (Eddie Redmayne), buchstäblich Stellung zu beziehen. Wer wird auf welcher Seite kämpfen, wenn in den kommenden Sequels Magier gegen Muggel antreten?

»Grindelwalds Verbrechen« toppt mit seiner wundersamen Spezialeffektflut den Vorgänger noch und wird als bild- und soundgewaltiges Spektakel Genrefans vermutlich verzücken. Wer sich im »Potter«-Kosmos nicht auskennt, wird dagegen seine Schwierigkeiten haben mit den schwer durchschaubaren Regeln dieser Zauberwelt und dem komplexen Figurenensemble, das hier um diverse Neuzugänge erweitert wird, darunter die zwielichtige Leta Lestrange (Zoë Kravitz) und eine junge Ausgabe von Hogwarts-Prinzipal Albus Dumbledore (Jude Law). Erfreulich ist, wie politisch das Franchise zu werden verspricht: Der böse Grindelwald lässt sich unschwer als Allegorie auf eine gesellschaftliche Bedrohung lesen, die wir aus der Geschichte kennen und deren Rückkehr derzeit nicht mehr unmöglich erscheint.

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