Kritik zu Paradise Hills

© Kinostar Filmverleih

Alice Waddington erzählt in ihrem Spielfilmdebüt von einer paradiesischen Insel, auf der die Töchter reicher Familien zu perfekten Bräuten gestylt werden. Traum oder Alptraum?

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Uma schlägt die Augen auf und findet sich in einer fremden Umgebung wieder. Mit Kunstrasenbodenbelag, Wänden, die kunstvoll mit arkadischen Landschaften bemalt sind, und einem zentral aufgebauten Schlafthron wirkt der Raum zugleich freundlich und künstlich. Von oben dringt ein Lichtstrahl in die hermetisch geschlossene Kammer, in der weder Fenster noch Türen zu sehen sind. »Wo bin ich?«, fragt Uma zwischen Wut und Panik – »im Paradies natürlich«, erwidert die von Milla Jovovich gespielte Duchess, die zugleich Königin und Gefängniswärterin dieser Welt ist. 

Schon die ersten Bilder künden von einer überschäumenden Lust an durchgestyltem Prunk von Kostümen und Setdesign. Auf diese Weise erschafft die in Spanien geborene Alice Waddington für ihr Spielfimdebüt eine in sich geschlossene Welt, die zugleich verführerisch luxuriös und unheimlich wirkt, eine beunruhigende Mischung aus Luxusresort und geschlossener Psychiatrie, aus Umerziehungsheim und Prinzessinnenschule. Auch die Bediensteten, die ganz in Weiß, von den Handschuhen bis zu den geräuschlosen Turnschuhen, allgegenwärtig dienstbar sind, aber im Zweifelsfall keinen Widerspruch dulden, sind zugleich hilfreiche Butler und unnachgiebige Wärter. Tatsächlich erweist sich »Paradise Hills« als Mädchenpensionat, in dem nonkonforme, junge Frauen in zwei Monaten in gehorsame Bräute verwandelt werden, mit einem umfassenden Makeover für Körper, Gesicht und Kleider, mit Benimmkursen, Yoga- und Gymnastikübungen, ­Konversationskursen und Diätprogrammen. So wie einst die Stepford Wives sollen auch diese jungen Damen in rundum perfekt funktionierende Repräsentierroboter verwandelt werden. Doch Uma lässt sich nicht so leicht zum gehorsamen Püppchen im weißen Feenkleidchen mit Blumenhaarschmuck modellieren, sie leistet Widerstand und stiftet noch ein paar andere zur Revolte an.

 

So findet sich ein Multikulti-Quartett aus eigenwilligen Frauen zusammen, die von Emma Roberts, Eiza González, Awkwafina und Danielle McDonald verkörpert werden und allesamt schon gezeigt haben, dass sie tough und aufmüpfig sein können und damit ganz gut zum Zeitgeist passen. Sie verteidigen ihre Individualität gegen die dystopische Version eines altbackenen Frauenbildes, aber die Zeit drängt, denn in den Kellerverliesen der Inselanlage lauern noch größere Gefahren, und die Gräfin ist auf düstere Weise mit der Natur im Bunde.

Faszinierend ist »Paradise Hills« vor allem wegen seiner Schauwerte, die die Leidenschaft der Regisseurin für Mode und Werbung durchscheinen lassen. Bis ins kleinste Detail sind sie ambivalent gestaltet: Die Prinzessinnenträume mit Blumenranken und Kleiderrüschen haben immer auch ­etwas ­Bedrohliches, Unheimliches, der Schulterpuff aus weißen Lederriemchen weckt Bondage-Assoziationen und die Butler-Handschuhe könnten auch einem Verbrecher gehören, der keine Spuren hinterlassen will. Alles ist immer ein bisschen zu schön, um wahr zu sein, zu märchenhaft, um nicht gewaltige Abgründe zu bergen.

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