Kritik zu Ob ihr wollt oder nicht!

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Ben Verbong, bekannt als Kinderfilmregisseur, drehte eine Familientragikomödie über entfremdete Schwestern und Sterbehilfe

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Laura hat Krebs im Endstadium und entscheidet sich, den Kampf aufzugeben. Hals über Kopf verlässt die junge Frau ihren Mann und kehrt zum Sterben in ihr Elternhaus zurück. Wenn es so weit ist, soll ihr Vater ihr eine tödliche Dosis Schmerzmedikamente verabreichen. Eilig reisen ihre drei von den Eltern alarmierten Schwestern an, um Laura zu überreden, die »Chemo« fortzusetzen und zu ihrem Mann zurückzukehren. So findet nach Jahren der Entzweiung eine »schräge« Familie (wie es das Presseheft formuliert) aus einem tragischen Grund wieder zusammen.

Doch es ist gerade die schräge, unorthodoxe Perspektive, woran es der Tragikomödie, die das strittige Thema Sterbehilfe mit turbulenter Familientherapie verbinden will, mangelt. Dabei verhält sich das grobmotorische Drehbuch in gewisser Weise wie die Schwestern, die sich scheuen, Lauras nahen Tod zur Kenntnis zu nehmen und sich in leicht hysterischen Aktionismus flüchten. Rund um Lauras Bett giften sich drei Reißbrettcharaktere an, die anfangs so plump und sinnfrei überzogen erscheinen, dass sich manche Vorabend-Soap dafür schämte. Da ist die vernunftbetonte Karrierefrau, die für ihre Effizienz mit Kaufsucht und Einsamkeit – ihr Mann hat die Schöne (Christiane Paul) »wegen einer Jüngeren verlassen« – abgestraft wird. Boshaft gedisst wird auch Coco, Karikatur einer dümmlichen Hausfrau; Schwesterherz Toni übernimmt den Part der bindungsscheuen Schlampe, die von Quickie zu Quickie einen endlos geduldigen Märchenprinzen erobert. Senta Berger mit Kittelschürze muss wie weiland Inge Meysel in »Die Unverbesserlichen« eine verhärmte mütterliche Eminenz mimen, die tadelnd Essen heranschafft. Damit man die Entlastungsfunktion dieser verqueren Weibsbilder versteht, wird explizit betont, dass die Sterbende die einzige »Glückliche« sei. Papa, ein pensionierter Lehrer, der Opern hört, und Lauras liebender Ehemann bleiben dagegen konturenlos gutwillig.

Dass in dieser Chronik eines angekündigten Todes irgendwann auch gekifft und die in hiesigen Komödien unvermeidliche Orgasmusfrage gewälzt wird, ist keine Überraschung. Zwar gibt es, wenn Laura etwa ein Grab aussucht, zwischendurch elektrisierende Momente. Doch in dem meist lauwarmen Wechselbad zwischen grotesker, oft aber an Lauras nicht mehr existierenden Haaren herbeigezogener Situationskomik verläppert sich die Dimension des Kernkonfliktes. Die widerstreitenden Gefühle zwischen Liebe und existenzieller Verunsicherung angesichts der Todgeweihten, die ihrerseits ihrem verzweifelten Mann den Schmerz beim Anblick ihres körperlichen Verfalls nicht zumuten will und sich doch nach Nähe sehnt, finden ihre Erlösung in einer durchsonnten »Schöner Sterben«-Szene. Doch worüber man zuvor nicht lachen konnte, da gibt es am Ende auch nichts zum Weinen. So hat der im Übrigen völlig unhinterfragte Akt der Sterbehilfe letztlich einen Anflug von routinierter Entsorgung – und das ist wohl das letzte, was dieses umstrittene Thema braucht.

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