Kritik zu A Long Way Down

© DCM

2014
Original-Titel: 
A Long Way Down
Filmstart in Deutschland: 
03.04.2014
V: 
L: 
96 Min
FSK: 
6

Selbstmord als Thema einer Komödie? Bei Nick Hornby funktioniert das. Auch Regisseur Pascal Chaumeil hat es geschafft, in Anlehnung an den Roman einen Film zu machen, der das richtige Gewicht findet zwischen Tragik und Lebenslust

Bewertung: 3
Leserbewertung
2.75
2.8 (Stimmen: 4)

In einer verschneiten Silvesternacht treffen sich vier Personen auf einem Hochhaus. Sie kennen sich nicht und wollen auch nichts voneinander wissen. Doch es verbindet sie der Wunsch, ihrem Leben mit einem Sprung von eben diesem Hochhaus ein Ende zu setzen. Die vier könnten unterschiedlicher kaum sein: Talkmaster Martin Sharp (Pierce Brosnan) musste nach einem Sexskandal mit einer Minderjährigen seine Karriere beenden, die überforderte Hausfrau Maureen (Toni Collette) ist Mutter eines behinderten Sohnes, der notorisch erfolglose Rockmusiker JJ (Aaron Paul) leidet unter Depressionen und die aufsässige Politikertochter Jess (Imogen Poots) kann das Verschwinden ihrer Schwester nicht verwinden. Jeder verhindert nun den Selbstmord des jeweils anderen und nach einer harmonischen Nacht auf dem Dach beschließen sie, ihr Vorhaben bis zum Valentinstag aufzuschieben. In der Zwischenzeit machen sie Urlaub auf Teneriffa.

Natürlich wird sich am Ende niemand umbringen. Aber die schmunzelnde Art und Weise, wie Pascal Chaumeil das mehr oder minder glückliche Ende inszeniert, geht über den Kitsch hinaus. Selbst wenn es dem Film an ernster Auseinandersetzung mit dem Thema Selbstmord fehlt und er die Ebene, die Hornbys Buch über die absurde Geschichte hinaushebt, nicht erreicht, bleiben doch vier Figuren übrig, mit denen es sich auseinanderzusetzen lohnt.

Da ist der gefallene Fernsehstar, der nun als potenzieller Selbstmörder erneut in die Schlagzeilen gerät, weil er einen unmoralischen Pakt geschlossen haben soll. Er scheitert mit dem, was ein Aufschub sein sollte und dann wie ein Selbsttötungskomplott klang, erneut an der gesellschaftlichen Moral. Während Maureen, die einsame Mutter mit ihrem schwerstbehinderten Kind, zwar dem moralischen Vorbild entspricht, aber von der Gesellschaft allein gelassen wird. JJ ist depressiv. Er gibt aber vor, Krebs zu haben, eine ebenso tödliche, gesellschaftlich aber viel akzeptiertere Krankheit, und Jess hat ihre Depression in Aggression umgewandelt und damit ihrem prominent politischen Umfeld den Rücken gekehrt. In dem gesellschaftlichen Netz, dem alle vier zu entkommen suchen, gibt es zwar ausreichend Fußfesseln, aber keine Sicherheit, keinen Schutz und keine Perspektive. Selbstgenügsam, medial aufgeputscht und politisch irrelevant ist der Alltag im gegenwärtigen London und so müssen sie, wollen sie nicht untergehen, sich kurzerhand selbst retten. Pierce Brosnan lässt sein Gigololächeln charmant gefrieren, Toni Collette ist die Zerbrechlichkeit schlechthin und es tut gut, Aaron Paul in einem anderen Zusammenhang als Breaking Bad zu sehen.

Der französische Regisseur Pascal Chaumeil, der Luc Besson bei Leon der Profi assistierte, hat den bitterbösen Humor Hornbys auf den Massengeschmack hin weichgespült. Und so wird der Film A long way down auch denen nicht wehtun, die gerade einen der vielen Selbstmorde miterleben mussten, die sich jährlich weltweit ereignen.

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