Kritik zu Live aus Peepli

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Produziert von Bollywoodstar Aamir Khan (»Lagaan«) und bereits für den Auslandsoscar nominiert: Anusha Rizvis Debütfilm ist eine Sozialsatire über Bauernarmut in Indien und den medialen Umgang damit

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Natha widmet sich lieber dem Ganja als der Feldarbeit. Zu Hause warten eine streitbare Ehefrau und eine Schwiegermutter, die dem vermeintlichen Taugenichts noch vom Krankenlager aus wüste Beschimpfungen zufaucht. Jetzt soll das Land der Familie zwangsversteigert werden, weil Natha die staatlichen Kredite nicht mehr bedienen kann. Die Dorf-»Honoratioren«, die er um Hilfe bittet, haben nur einen zynischen und scheinbar absurden Rat auf Lager: Selbstmord. Denn der Staat, der ihm sein Land nehmen will, fährt parallel auch ein Programm zur Kompensation der Familien von Kleinbauern, die sich selbst getötet haben.

Höchstoffizieller Wahnsinn? Schnell wird Natha von seinem scheinbar realitätskompatibleren Bruder tatsächlich in die Selbstaufopferungsidee hineingeredet. Über Umwege erfährt die Starreporterin eines Nachrichtenkanals von der suizidalen Story und fällt mit Jeep und Entourage in Peepli ein, um Natha vors Objektiv zu zerren. Der gerade tobende Provinzwahlkampf besorgt den Rest. Um Nathas Hütte sieht es medienmäßig bald so aus wie nach Obamas Einzug vor dem Weißen Haus.

Selbstmorde verschuldeter Bauern sind in Indien verbreitete traurige Realität. Auch ohne finanzielles Familienkompensationsprogramm. Der indische Bundesstaat Mukhtar Pradesh, in dem Autorin/Regisseurin Anusha Rizvi ihr Filmdorf Peepli ansiedelt, ist Fiktion und mit typgerecht gecasteten Lokalgangstern, Bürokraten und Politmarionetten zum satirischen Operettenstaat aufgemotzt. Weil Anusha Rizvi vor ihrem Filmdebüt selbst beim Fernsehen gearbeitet hat, sind die mediensatirischen Aspekte besonders pointiert geraten. Dabei operiert »Live aus Peepli« ganz auf der Erscheinungsebene und spart etwa die Ursachen bäuerlicher Armut in Indien weitgehend aus. So offeriert sich die Sozialsatire dem internationalen Publikum als grell koloriertes Panorama indischer Öffentlichkeiten, das auch musikalisch durchaus ironische Töne anschlägt.

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