Kritik zu Liebe Halal

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Der libanesische Filmemacher Assad Fouladkar will mit drei Geschichten aus dem muslimischen Teil von Beirut einen Einblick in die alltäglichen Lebens- und Liebesnöte gläubiger Männer und Frauen geben

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Der libanesische Filmemacher Assad Fouladkar verfolgt ohne Frage ein hehres Ziel. Er will vom alltäglichen Leben und Lieben gläubiger Muslime erzählen und so letztlich westliche Vorurteile unterlaufen. Es geht ihm um das Gemeinsame, das unter dem liegt, was uns trennt. Also versucht er, wie er selbst erklärt, den Schleier, der über dem Privaten und Alltäglichen liegt, zu lüften. Dafür geht er so nah wie möglich an seine Protagonisten und ihre Geschichten heran. Die Distanz soll sich auflösen im Blick durch das metaphorische Schlüsselloch. Als Begleiter und Beobachter taucht Fouladkar ein in das Leben dreier Paare, denen die Regeln des Islams zu schaffen machen.

Awatef (Mirna Moukarzel) und Salim (Ali Sammoury) sind im Prinzip glücklich verheiratet. Aber im Moment wachsen Awatef die Pflichten im Haushalt und die Mühen mit ihren Töchtern über den Kopf. Und dann besteht Salim auch noch jeden Abend auf seinem ehelichen Recht. Jeder Versuch, sich ihm auch nur für eine Nacht zu entziehen, scheitert. Also sucht sie ihm eine Zweitfrau, die sie in dieser Hinsicht entlasten soll.

Als junges Mädchen wurde Loubna (Darine Hamze) mit einem Mann verheiratet, den sie auch später nicht lieben konnte. Nun ist sie endlich geschieden und will sich ihren Liebestraum erfüllen. Nur hat ihre Jugendliebe, der Gemüsehändler Abou Ahmad (Rodrigue Sleiman), entgegen seiner Äußerungen gar nicht vor, seine Familie zu verlassen. Für ihn ist eine von der Scharia gestattete Ehe auf Zeit mit Loubna viel reizvoller.

Alles ist geregelt im Leben der gläubigen Muslime, auch nach der Scheidung. Der krankhaft eifersüchtige Hitzkopf Mokhtar (Hussein Mokaddem) hat seine Frau Batoul (Zeinab Hind Khadra) einmal zu oft im Beisein aller Nachbarn verstoßen. Nun sind sie geschieden, auch wenn keiner der beiden das wirklich wollte. Also würde Mokhtar seine Batoul am liebsten sofort wieder ehelichen. Doch das verbietet das religiöse Gesetz. Batoul muss erst einen anderen heiraten, die Ehe vollziehen und wieder geschieden werden, dann dürfte Mokhtar sie erneut zur Frau nehmen.

Fouladkar verknüpft diese drei Geschichten nur locker, aber eins haben sie gemeinsam: Immer geht es um das, was der Islam in Liebesdingen zulässt, eben »Liebe Halal«. Dass dabei auch die Absurditäten eines bis ins Kleinste reglementierten Lebens- und Wertesystems zutage treten, versteht sich von selbst. Dass das Paradoxe dieser Gesetze und die von ihnen zementierten Ungleichheiten Frauen auch zerstören können, weiß Fouladkar durchaus. Gerade Loubnas Geschichte könnte jederzeit aus der Komödie in die Tragödie kippen.

Doch letztlich überspielt »Liebe Halal« die Abgründe einfach oder stopft sie notdürftig mit platten Gags zu. Immer wenn Mokhtar die Fassung verliert, kommt ein alter Mann mit einem Stuhl ins Treppenhaus und setzt sich hin. Die Dramen der anderen sind sein Theater. Und in eben diese eigentlich peinliche Position drängt Fouladkar ein bisschen auch sein Publikum: Wir sitzen in der ersten Reihe und sollen uns über die Nöte seiner Figuren amüsieren.

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