Kritik zu Lachsfischen im Jemen

© Concorde

2011
Original-Titel: 
Salmon Fishing in the Yemen
Filmstart in Deutschland: 
17.05.2012
L: 
112 Min
FSK: 
6

Der Fisch auf dem Trockenen ist eines der zuverlässigsten und lukrativsten Erzählmodelle des Hollywoodkinos. Lasse Hallströms Verfilmung des Romans von Paul Torday nimmt die Formel wörtlich

Bewertung: 3
Leserbewertung
3
3 (Stimmen: 1)

Der britische Drehbuchautor Simon Beaufoy ist ein gewiefter Dramaturg der Zuversicht. Seine Bücher sind eine Wette gegen die Aussichtslosigkeit. Seinen Figuren gibt er nicht weniger auf, als unüberwindliche Widerstände zu bezwingen. Die Helden von Ganz oder gar nicht hebeln listig die soziale Misere aus, James Franco überlebt in 127 Stunden eine hoffnungslose Notlage; den Triumph über die Wahrscheinlichkeit tragen Slumdog Millionaire und nun Lachsfischen im Jemen bereits im Titel. Nun schreibt Beaufoy das Drehbuch zur Fortsetzung von Hunger Games. Würde ihm ein Produzent eine Bibelverfilmung antragen, entschiede er sich gewiss für das Sprichwort vom Kamel und dem Nadelöhr.

Lachsfischen im Jemen handelt von einem verrückten Traum, der Wirklichkeit werden soll. Im Auftrag eines angelbegeisterten Scheichs (Amr Waked) bittet dessen Anlageberaterin Harriet Chetwode-Talbot (Emiliy Blunt) den Fischereiexperten Dr. Alfred Jones (Ewan McGregor) um eine Studie über die Möglichkeiten, schottische Lachse in einem Wadi im Jemen anzusiedeln. Der Wissenschaftler sträubt sich nach Kräften gegen dieses absurde Unterfangen. Das Projekt bekommt jedoch Auftrieb, als Patricia Maxwell, die PR-Beraterin des britischen Premierministers (Kristin Scott Thomas), darin eine einmalige Chance erkennt, endlich einmal erfreuliche Nachrichten über den Nahen Osten in den Medien zu platzieren. Jones leistet noch immer erbitterten Widerstand, wird jedoch von seinem Vorgesetzten unter Druck gesetzt und muss feststellen, dass der unermesslich reiche Potentat aus dem Jemen gewillt und in der Lage ist, selbst die abwegigsten Forderungen zu erfüllen.

Gemeinsam bieten sie nun den Naturgesetzen und einer Rotte fundamentalistischer Spielverderber die Stirn. Ein Staudamm soll gebaut werden, 10 000 Lachse in die Wüste transportiert und zwei Millionen angelnde Wähler im Vereinigten Königreich zufriedengestellt werden. Der Scheich, Alfred und Harriet wachsen zu einem unverbrüchlichen Gespann zusammen; Patricia fungiert als der unermüdliche Außenbordmotor des Unternehmens. Dass Alfred und Harriet sich ineinander verlieben, ist eher den Konventionen geschuldet, als in den Figuren begründeten Notwendigkeit. Zu den logistischen und politischen Komplikationen des Vorhabens gesellen sich nun also noch entbehrlich romantische.

Paul Tordays Romanvorlage ist die moderne Variante eines Briefromans, der die Geschichte komplett im Austausch aus E-Mails, Memoranden und SMS erzählt. Beaufoy findet dafür eingangs manch einfallsreiches visuelles Äquivalent – wie der Film im ersten Drittel überhaupt ein flottes Tempo vorlegt. Er hat allerdings zu diesem Zeitpunkt auch eine Menge Stoff zu bewältigen und will vieles gleichzeitig sein: eine Bürokratie- und Politiksatire, eine gegen den Strich gebürstete Screwball- Comedy sowie das Vorspiel zu einer romantischen Komödie. Dass dem Film später der Elan etwas ausgeht, hat nicht zuletzt damit zu tun, dass der grandios verrückte Traum des, Scheichs bald nur noch Metapher sein darf. Gegen den Strom schwimmen zu können, ist nicht nur für Lachse überlebenswichtig, sondern wird auch für die Figuren zu einer Lebenslektion. Und natürlich verfolgt der Scheich seinen Traum nicht nur aus Exzentrik, sondern ökologischem Bewusstsein.

Um der Exzentrik etwas mehr zu ihrem Recht zu verhelfen, hätte es eines Regisseurs aus den legendären Ealing Studios bedurft oder zumindest des verschollen gegangenen Bill Forsyth. Lasse Hallström gebricht es indes am Glauben an die Noblesse des Überspannten. Der Schwede hat den meist biederen literarischen Vorlagen seiner Filme selten Schande gemacht. Zu Beginn seiner Hollywoodkarriere (man erinnere sich nur einmal an Gilbert Grape) konnte er sich noch den Blick des Fremden auf Landschaften und Sitten erhalten. Nun weist seine Neugierde jedoch Schleifspuren der Routine auf. Er entdeckt nicht mehr viel, was ihn an fernen Orten interessieren könnte. Die Montage des Films ist fahrig. Nach jeder alibihaft majestätischen Kranfahrt kann er es kaum noch erwarten, woandershin zu schneiden. Sein Blick auf Figuren und Schauplätze ist achtloser geworden; warum eigentlich?

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