Kritik zu Kokowääh 2

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Der »Coq au Vin« wird nun mit Sekt angegossen: Til Schweiger beschäftigt sich in seinem Sequel zu seinem Kassenhit von 2011 mit dem familiären Zusammenraufen und teilt gegen das Arthouse-Kino aus

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Til Schweigers Nachschlag zu seinem erfolgreichen Film von 2011 hat das Relevanzproblem vieler Nr.2-Familienkomödien: Nach der dramatischen Paarbildung des Vorgängerfilms treten nun die zweitklassigen Dramolette des familiären Zusammenraufens in den Vordergrund. Darum geht’s: In der Patchworkfamilie von Henry (Til Schweiger) und Freundin Katharina (Jasmin Gerat), die inzwischen, neben Henrys Tochter Magdalena (Emma Schweiger), ein Baby haben, hängt der Haussegen schief. Autorin Katharina, genervt davon, dass Henry im Haushalt alles ihr überlässt, zieht aus, um sich selbst zu finden, Magdalenas Kuckucksvater Tristan (Samuel Finzi), der pleite ist, zieht ein. Die Tochter kämpft mit erstem Liebeskummer, Debütfilmemacher Henry hat Stress mit seinem überkandidelten Hauptdarsteller (Matthias Schweighöfer als er selbst), der in Kunst machen will, und daneben gibt es kleinere Eifersuchtsscharmützel wegen sexy Blondinen und Katharinas Lektor. Apropos Genuschel: Papa Schweigers Aussprache scheint ansteckend. Sei’s drum; Emma Schweiger in der weiblichen Hauptrolle ist ein dermaßen patzigsüßer Fratz, dass sie, mitsamt Genuschel, als Geheimwaffe zur Umschiffung der Drehbuchklippen dient.

Schweiger, dessen größtes Ziel es ist – und daran ist nichts verkehrt – unterhaltsames Kintopp zu machen, bietet wie gehabt viel güldene Beleuchtung und ansehnliche Darsteller. Bei den Gags herrscht das Prinzip »Hit and Miss«; das Meiste ist leider, um mit Tochter Magdalena zu sprechen, »nicht witzig!«. Es mangelt der über zweistündigen Komödie am humoristischen Feintuning. Besonders zwischen Männern herrscht ein entsetzlich aggressiver Tonfall. Der schmale Grat zwischen neurotisch und gemeingefährlich, z.B. beim durchgeknallten Schweighöfer, der im Suff seine Katze erschießt, wird oft überschritten. Wenn das Baby pinkelt, folgt zusätzlich eine breit ausgewalzte Kackaszene, wie überhaupt die anale Komponente betont wird; »Scheiße« ist das meistgebrauchte Stichwort.

Da Schweiger keine Vorabpressevorführungen zulässt, kommt man als Filmjournalist immerhin in den Genuss, seine Komödien in einer normalen Kinosituation zu erleben. Dabei bestätigt sich, dass sein Pennälerhumor beim vorwiegend weiblichen Publikum gar nicht so gut ankommt. Was soll lustig daran sein, dass Magdalena Marmelade in ihre Unterhose schmiert, um sich mit dem Vortäuschen einer Monatsblutung älter zu machen? Ausgerechnet beim Seitenhieb auf Schweigers alten Feind, das Arthouse-Kino, zeigt sich der komödiantische Dilettantismus: da hätte man viel mehr herausholen können als die Klein-Doofie-Nummer mit einem geltungssüchtigen Regisseur. Und wenn Henry unterbelichteten weiblichen Fans rät, auf die Sonderschule zurückzugehen und im nächsten Moment Töchterchen Magdalena staatstragend den Ausdruck »Loser« verbietet, ist das entweder Drehbuchschlamperei – oder Publikumsverachtung. Soviel ungestrafter Zynismus wäre in US-Komödien undenkbar: Schweiger, der sich über den Bierernst prätentiöser Arthouse- Regisseure lustig macht, nimmt seinerseits das komödiantische Handwerk nicht ernst genug.

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