Kritik zu King Kong (2005)

© Universal Pictures

Der Affe ist der Star: Peter Jacksons effektvolles Klassiker-Remake

Leserbewertung
2.5
2.5 (Stimmen: 2)

Nach dem Erfolg des Herrn der Ringe hätte Peter Jackson auch das Telefonbuch seines Geburtsortes Pukerua Bay, Neuseeland, verfilmen können. Das wäre jedenfalls kaum riskanter gewesen als ein King- Kong-Remake. Denn der alte Affe ist trotz zahlreicher Nachfolger immer ein Original und Glücksfall des Kinos gewesen.

Peter Jackson, der gerade erst ein "unrealisierbares" Mammutprojekt geschultert hat, kehrt mit einem Versprechen, das so alt ist wie das Kino selbst, auf die Leinwand zurück. Es ist das Versprechen vom ganz großen Spektakel. King Kong und die weisse Frau war 1933 mit seinen bahnbrechenden Spezialeffekten so ein überlebensgroßes Filmereignis. Die nachfolgenden Sequels und Remakes aus Amerika, die trivialen Adaptionen mit Godzilla & Co. aus Fernost - keine dieser Produktionen reichte je an das Original heran; in der Regel wurden sie von der Kritik belächelt.

Doch so schrecklich es für den traditionsbewussten Cineasten auch klingen mag: Der alte Schwarzweiß-Kong, der mit seinen ruckartigen Stopp-Trick-Bewegungen durch den Urwald poltert, hat seinen Charme für die DVD-Generation verloren. So kam Peter Jackson, der das Zeug - das heißt, eine gigantische Produktionsmaschine und ein Budget von über 200 Millionen Dollar - zur Verfügung hatte, um King Kong wieder zu dem zu machen, was er einmal war: ein Filmwunder, das alle ins Staunen versetzt.

Jacksons Vision ist gekennzeichnet von der Liebe zum Original, aber auch von Größenwahn. 188 Minuten, etwa doppelt so lang wie die Vorlage, ist seine Adaption geworden. Ein Umstand, den sich Jackson 32 Millionen Dollar Vertragsstrafe kosten ließ. Denn mit dem Produktionsstudio Universal war eine besser ins Programmschema der Kinos passende Laufzeit von nur zwei Stunden vereinbart. Jackson zahlt die durch Überlänge seines Films ausbleibenden Einnahmen an der Kinokasse aus eigener Tasche. Schließlich ist King Kong, wie Jackson auf der Berliner Pressekonferenz beteuerte, ein Projekt, das ihm am Herzen liegt. Ein Kindheitstraum.

Mit neun Jahren hatte er das Original im Fernsehen gesehen und war so beeindruckt, dass er fortan Regisseur werden wollte. Mit zwölf wagte sich Jackson an ein Remake in Kurzform und animierte eine Affenpuppe vor der Schmalfilmkamera des Vaters. 1996 entwickelte er eine Drehbuchversion zu King Kong, die aber von Universal auf Eis gelegt wurde. Doch nach dem Herrn der Ringe konnte sich Jackson sein nächstes Projekt aussuchen. Seine Wahl fiel natürlich auf Kong. Den überdimensionalen Liebesfilm. Die zeitlose Geschichte von der Schönen und dem Biest. Ein Riesenaffe verliebt sich in eine Menschenfrau, die ihm von einem Eingeborenenstamm als Opfer dargeboten wird. Er beschützt sie vor garstigen Monstern und Menschen und wird schließlich gefangen genommen, in die Zivilisation entführt und als Jahrmarktsattraktion ausgebeutet. Mit gebrochenem Herzen stürzt er vom damals höchsten Gebäude der Welt, dem Empire State Building in New York.

Jackson hält sich penibel an die Vorlage, lässt den Film im Premierenjahr des Originals, also 1933, während der großen Depression in Amerika spielen. Und weil er weiß, dass Monsterfilme nur mit einem starken human drama im Hintergrund wirklich funktionieren, lässt er sich über eine Stunde Zeit, um seine Figuren zu charakterisieren. Die Initialzündung für die Handlung liefert Carl Denham (Jack Black), ein besessener Filmemacher, der die finanziell strauchelnde Varieté-Schauspielerin Ann Darrow (Naomi Watts) und den Drehbuchautor Jack Driscoll (Adrien Brody) anheuert, um ein Abenteuer auf Skull Island zu drehen.

Der eigentliche Star des Films ist natürlich der verliebte Riesengorilla. Das animierte Ungetüm wird tatsächlich, wenn auch über einen Umweg durch den Computer, von einem Schauspieler dargestellt. Der aus den Herr der Ringe-Filmen als Gollum-Darsteller bekannte Andy Serkis hat Kong per "Motion-Capture"-Verfahren Leben eingehaucht. Das Resultat ist ein schauspielernder CG-Kong, den man als Zuschauer sofort in sein Herz schließen kann. Nun, vielleicht nicht sofort, denn wenn Kong ungefähr bei Minute 70 die fragile Ann Darrow wie eine Barbiepuppe in seine Pranke nimmt, mit der Schreienden und Stöhnenden durchs dichte Unterholz springt, sie wild schüttelt, dann weckt das fürchterliche Assoziationen - an der Grenze zur Vergewaltigung. Doch Ann weiß das Biest zu zähmen, es im Verlauf ihrer "Beziehung" zu respektieren, später gar zu lieben. Und wir auch.

Bei der Gestaltung der Saurier im zweiten Drittel des Films verlässt sich Jackson zu sehr auf die digitale Animation. Sicher sehen seine drei Tyrannosaurier nicht schlechter aus als Spielbergs Jurassic-Park-Stars. Aber die damals von Stan Winston kreierten animatronischen Monsterköpfe waren doch "greifbarer" als die gänzlich im Computer generierten Tricksaurier. Durchweg überzeugend sind die vielen übergroßen Insekten, die auf dem morastigen Boden einer Schlucht über die Mannschaft herfallen. Diese Szene ist Jacksons wild ausgeschmückte Huldigung an eine verschollene Sequenz aus dem Original, von der nur noch wenige Standfotos existieren.

Bevor in New York das Militär anrückt, gönnt Jackson seinem Liebespaar einige unbeschwerte Minuten auf einem zugefrorenen Teich im Central Park. Eine Szene, die nicht im Original zu finden ist. Peter Jackson hat mit King Kong das Kino lieben gelernt. Das spürt man. Und auch seherfahrene Filmprofis müssen sich ihrer Tränen nicht schämen, wenn das Spektakel im Finale auf dem Empire State Building konsequent sentimental zur Ruhe findet. Im Sonnenaufgang verabschiedet sich das von Schüssen getroffene sanfte Biest von seiner geliebten Ann in den Tod. Es ist vielleicht das schönste und rührendste Unhappy End der Filmgeschichte. Die Essenz des Kinos in 188 kurzweiligen Minuten.

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