Kritik zu The Infiltrator

© Paramount Pictures

Brad Furman (»Der Mandant«) verfilmt die auf Erinnerungen beruhende Geschichte des Undercover-Agenten Robert Mazur, der mit einer Geldwäscheoperation in den innersten Kreis von Pablo Escobars Medellín-­Kartell vordringen konnte. Bryan Cranston (»Breaking Bad«) spielt die Hauptrolle

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Ihre Wege kreuzen sich nur ein einziges Mal, und dabei fällt nicht mal ein Wort. Im Foyer eines Pariser Nobelhotels geht Pablo Escobar an Bob Musella, der in Wahrheit Robert Mazur heißt, vorbei und scheint ihn nicht einmal wahrzunehmen. Aber diese Begegnung, die kaum flüchtiger sein könnte, markiert trotz allem einen historischen Moment. Mazur, der Undercover-Agent der US-amerikanischen Zollbehörde, hat es geschafft. Von diesem Augenblick an besteht kein Zweifel mehr, seine Under­cover-Aktion wird Escobar und dem Kartell einen schweren Schlag versetzen.

Allerdings lässt sich diese Szene – und das macht ihren Reiz aus – auch anders lesen. In dem Moment, in dem sich Mazur seines Triumphes sicher sein kann, offenbart sich zugleich die Absurdität des amerikanischen »war on drugs«. So wie sich Escobar und Mazur nicht wirklich begegnen, sie gehen schließlich nur aneinander vorbei, so bleiben letzten Endes alle Bemühungen der Behörden im Kampf gegen die Drogenkartelle ohne größere Wirkung. Selbst eine so erfolgreiche Operation wie diese, die in der Verhaftung mehrerer hochrangiger Kartellmitglieder endet, ändert nichts an den Verhältnissen. Der Drogenhandel geht weiter. Nur die Namen der Schmuggler ändern sich.

Brad Furman wirft in »The Infiltrator«, seiner Verfilmung von Robert Mazurs gleichnamigen Erinnerungen, einen erstaunlich nüchternen Blick auf diese Undercover-Operation, die 1986 in Florida begann. Als dem von Bryan Cranston gespielten Mazur bewusst wird, dass es nicht reicht, die eine oder andere Drogenlieferung abzufangen, kommt er auf die Idee, der Spur des Geldes zu folgen. Also verwandelt sich der eher durchschnittliche Familienvater in den flamboyanten Geschäftsmann Bob Musella. Zusammen mit der noch recht unerfahrenen Zollagentin Kathy Ertz (Diane Krüger), die in die Rolle seiner Verlobten schlüpft, erschafft er sich eine perfekte Fassade, in der sich der enorme Luxus und die Dekadenz der Drogenbosse spiegeln können.

Die modernistisch eingerichteten Apartments, deren Panoramafenster einen wunderbaren Blick über das nächtliche Miami freigeben, die allgegenwärtigen Learjets und die in buntes Neonlicht getauchten Nachtclubs, all das weckt Erinnerungen an Michael Manns stilbildende Fernsehserie »Miami Vice«. Und in manchen Szenen, in denen der Glamour der Halbwelt nackter Gewalt weicht, kommt Furman dieser Serie extrem nahe. Nur ist Mazur eben kein Sonny Crockett. Cranstons Undercover-Ermittler bewahrt sich selbst in Momenten des Exzesses noch etwas von seiner biederen Bürgerlichkeit. Aber gerade das hilft ihm bei seiner Arbeit. Mazur muss in Gesellschaft des hochrangigen Kartellmitglieds Roberto Alcaino (Benjamin Bratt) den ehrenwerten Mann, dem Familie und Freundschaft über alles gehen, nicht spielen. Er kann einfach er selbst sein. Eine ideale Tarnung, die aber auch die Prioritäten des Ermittlers in Verwirrung bringt.

Zwischen Alcaino und dessen Frau Gloria auf der einen und Mazur und Ertz auf der anderen Seite entwickelt sich eine echte Freundschaft, die der Film mehr und mehr ins Zentrum der Erzählung rückt. Von Undercover-Agenten, die sich ganz dem Lifestyle der Dealer und Gangster hingeben und dabei eine Grenze überschreiten, hat das Kino schon oft erzählt. Aber Furman zeigt noch eine ganz andere Seite dieses Doppellebens. Natürlich wissen Mazur und Ertz, wozu Alcaino fähig ist. Nur ist er eben nicht nur der skrupellose Schmuggler und Mörder, sondern auch ein guter und ex­trem großzügiger Freund. Die Prioritäten verschieben sich. Das Berufliche kollidiert mehr und mehr mit dem Persönlichen. So geraten Mazur und Ertz in einen Zwiespalt, den Bryan Cranston und Diane Krüger eindrucksvoll porträtieren. Im großen Gefüge des Drogenkriegs scheint der Verrat an einem befreundeten Ehepaar ein kleiner Preis für den Erfolg ihrer Operation zu sein. Und doch bleibt am Ende die Frage, ob er es wert war.

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