Kritik zu The Impossible

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Eine Geschichte »nach wahren Begebenheiten«, die sich bei der Tsunamikatastrophe Dezember 2004 ereignete: die wundersame Rettung einer Familie

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Üblicherweise »genießen« wir Katastrophenfilme in einer Erregungsmischung aus Angst und Lust. Wir lehnen uns in weiche Kinosessel zurück, wohlversorgt mit Popcorn und Softdrinks, und sehen dabei zu, wie die Welt beinahe untergeht und die Helden gerade noch einmal davonkommen – in möglichen, aber fiktiven Katastrophen. Juan Antonio Bayonas zweiter Spielfilm (sein Debüt war der Gespensterthriller »Das Waisenhaus«) erzählt eine unmöglich erscheinende, an ein Wunder grenzende Familienrettung im Zusammenhang mit der schrecklichsten Naturkatastrophe der jüngsten Menschheitsgeschichte: dem durch ein Erdbeben im indischen Ozean ausgelösten Tsunami, der 17 Länder heimsuchte, viele Regionen verwüstete, etwa 230 000 Todesopfer forderte und 1,7 Millionen Menschen obdachlos machte.

Die Katastrophe ereignete sich am 26. Dezember 2004, und das bedeutet, dass die realen Schreckensbilder und die mitfühlende Trauer mit den Betroffenen noch derart frisch in Erinnerung sind, dass es fast nicht möglich ist, in die filmisch rekonstruierte Katastrophe derart »genießerisch« einzutauchen, wie man das beim üblichen Katastrophenfilm tut. Mit diesem »kulinarischen« Problem liegt »The Impossible« in einem Widerstreit, der nicht wirklich bewältigt werden kann. Immerhin zieht sich der spanische Regisseur geschickt aus der Affäre und erzählt die Geschichte der familiären Rettung – sie basiert auf einer wahren Begebenheit, die einer spanischen Familie widerfuhr – taktvoll genug, so dass sie berührt und ergreift.

Ein junges britisches Ehepaar (Naomi Watts, Ewan McGregor) will mit seinen drei Söhnen in Thailand den Weihnachtsurlaub verbringen. Das Intro spielt mit unserer Erwartung der Tsunamiwelle, präsentiert ein Hin und Her zwischen Angstpräludien (das Urlauberflugzeug gerät in heftige Turbulenzen) und postkartenschönen Bildern derUrlaubsidylle am Strand. Dann die Welle: eine visuell perfekt gestaltete, alptraumartige Sintflut. Die Erzählung konzentriert sich auf das erste »Wunder«: Mutter und Sohn Lucas finden sich in den verheeren Fluten. Hilfreiche Einheimische ermöglichen den Transport der schwer verletzten Mutter ins Krankenhaus, wo sich die restlichen zwei Drittel des Films abspielen werden.

In parallelen Einschüben bahnt sich die Wunderfortsetzung an: Der Vater entdeckt die beiden jüngeren Söhne, die sich in einem Baum in Sicherheit bringen konnten. Im Vergleich zum dramatischen Mutter-Part, den Naomi Watts souverän meistert, bleiben für Ewan McGregor geringere Entfaltungsmöglichkeiten: verzweifeltes Umherirren und Rufen. Zum Finale wendet sich das Drama der Familienzusammenführung ins Rührselige, und spätestens an dieser Stelle empfindet man den erzählerischen Fokus als zu eng. Es gibt keinen Blick auf das Ganze der Katastrophe, auf die Schicksale der Einheimischen, auch keine spirituelle Dimension, wie sie etwa» Life of Pi« angesichts der Schiffskatastrophe eröffnete. Einmal nur darf Geraldine Chaplin als betagte Touristin den nächtlichen Sternenhimmel betrachten und über das Mysterium von Leben und Tod sinnieren.

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