Kritik zu I want to see the Manager

© Real Fiction

2014
Original-Titel: 
I want to see the Manager
Filmstart in Deutschland: 
03.09.2015
L: 
93 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Dokumentarfilmer Hannes Lang sucht in sieben Städten (unter anderem in Bolivien, China, Thailand und Indien) nach den Folgen der globalen Finanzkrise und den Zusammenhängen von lokaler und globaler Wirtschaft

Bewertung: 4
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Ein indischer Broker steht auf einem Müllberg und referiert im Schnelldurchlauf die Entwicklungen in der Weltwirtschaft als Folge der jüngsten Finanzkrise. Schon heute seien die jährlichen Wachstumsraten in den Schwellenländern doppelt so hoch wie in den Industrienationen. Seine These lautet, dass die Finanzkrise einen nachhaltigen Wandel in der Weltwirtschaft bewirkt habe. Bis 2020 könnten die sieben größten Schwellenländer die acht führenden Industrienationen hinsichtlich ihrer relativen Wirtschaftskraft eingeholt haben. Die Wachstumsmärkte der Zukunft liegen nicht länger in den historischen Industrienationen, sondern in den aufstrebenden Produktionsländern an der Peripherie, in die der Westen seine Güterproduktion verlagert habe. Während der Mann spricht, entfernt sich die Kamera langsam und gleitet gleichmäßig über die Häuser der Slumsiedlung hinweg, bis die Totale den Blick auf ein aus Stahl und Glas errichtetes Finanzzentrum im Hintergrund freigibt. Armut und Wohlstand liegen im indischen Mumbai dicht beieinander. Mit diesem symbolträchtigen Bild beginnt Hannes Langs Dokumentarfilm »I want to see the Manager«.

Es ist ein Allgemeinplatz, dass in der modernen vernetzten Welt alles mit allem in Verbindung steht. Was dies jedoch tatsächlich hinsichtlich der globalen wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse bedeutet, versucht Lang am Beispiel von sieben Städten zu beschreiben. »I want to see the Manager« sucht in Mumbai, im bolivianischen Uyuni, in Peking, Detroit, Pompeji, im thailändischen Chiang Mai und in Caracas nach lokalen Zusammenhängen, die den abstrakten Begriff der Globalisierung mit Leben füllen. Die Maxime des Fortschritts wird an diesen Orten mit zweierlei Maß gemessen. In Bolivien spricht Lang mit Minenarbeitern, die in dem Fund großer Lithiumvorkommen eine Chance wittern, sich vom Einfluss internationaler Konzerne zu befreien. Ein amerikanischer Wissenschaftler erklärt die Kryoforschung zur Zukunft der Humanmedizin. Und in Caracas haben Tausende von Menschen den Rohbau des höchsten Gebäudes der Stadt besetzt, um in den Ruinen des Kapitalismus eine autarke Subsistenzökonomie zu betreiben.

Das Verhältnis von Lokal und Global setzt Lang auch visuell bestechend um. Im Wechselspiel zwischen stilisierten Totalen und Detailbeobachtungen von Arbeitsroutinen finden seine Bilder immer wieder ein Spannungsverhältnis, das sich grob vereinfachten Erklärungsmustern entzieht. So verzichtet Lang auch auf Voice-over-Kommentare. Der lose Bezug der Städte und partikularen Wertschöpfungsprozesse zueinander erschließt sich erst allmählich, ohne dass sich eine Argumentation aufdrängt. I want to see the Manager will eher Materialsammlung als Beweisführung sein. Prognosen über die zukünftigen geopolitischen und ökonomischen Machtverhältnisse maßt Lang sich nicht an. Er interessiert sich weniger für die komplexen Mechanismen der Weltwirtschaft, sondern für die Menschen, die mit den Auswirkungen der Krise zu leben haben und sich mit diesen arrangieren.

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