Kritik zu Hong Kong Trilogy: Preschooled Preoccupied Preposterous

Trailer OmeU © TIFF

2015
Original-Titel: 
Hoeng gong saam bou kuk
Filmstart in Deutschland: 
15.12.2016
L: 
90 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Von Vorschulkindern über junge Aktivisten bis hin zu unwürdigen Greisen: Der renommierte Kameramann Christopher Doyle porträtiert seine Wahlheimat Hongkong mit der ihm eigenen kursorischen Bilderhandschrift

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Christopher Doyle, den die Welt als »Kameramann von Wong Kar-wai« kennt, wurde 1952 in Sydney geboren. Er verlässt Australien, als er 18 Jahre alt ist, verdingt sich als Seemann bei der norwegischen Handelsmarine, verkauft chinesische Medizin in Thailand, lebt in einem Kibbuz in Israel und gräbt Brunnen in der indischen Wüste. Ende der 70er Jahre landet Doyle dann in Hongkong, und die ruhelose Stadt und der ruhelose Mann adoptieren einander. Hongkong ist Doyles Heimat, er kennt den Ort wie seine Westentasche, und es ist die Perspektive eines Insiders, die er dem Publikum mit »Hong Kong Trilogy« anbietet.

Doch wie schon Doyles erste beiden Regiearbeiten – »A Way With Words« (1999) und »Warsaw Dark« (2009) – hält sich auch seine dritte nicht mit linearer Narration, geschweige denn klassischer Dramaturgie auf. Die Filmcredits führen Doyle unter »Mise en Scène and Images«, während »Story Interpretation and Production« Ken Hui und Jenny Suen zugeschrieben werden. Auf die sprichwörtliche Schönheit der Bilder und eine höchsten ästhetischen Ansprüchen genügende Kadrage kann man sich also verlassen, nicht jedoch darauf, dass das Ganze auch einen augenscheinlichen Sinn ergibt.

Ein Spielfilm ist »Hong Kong Trilogy« schon mal nicht, wenngleich immer wieder fiktionale Elemente ins dokumentarische Gerüst gewoben werden, für einen Essayfilm reflektiert er nicht genug, und für einen Dokumentarfilm ist er zu zerfahren. Ein echter Doyle also, eigensinnig und unberechenbar: eine Sammlung von Impressionen, die den roten Faden, der sie zusammenhalten soll, immer wieder abschütteln, um ins Freie und ins Chaos zu stürmen, wo Stimmung und Atmosphäre schon auf sie warten.

Der Chor, den Doyle in lyrischer Tonlage vom Hongkong der Gegenwart erzählen lässt, setzt sich aus den Stimmen dreier Gruppen zusammen: »preschooled children«, »preoccupied young people« und »preposterous senior citizens« – also etwa: Vorschulkinder, junge Aktivisten und unwürdige Greise. Sie liefern auch die Titel der Kapitel, in die der Film sich gliedert. Dessen Herzstück wiederum ist Dokumentation und Würdigung der prodemokratischen, von Studenten getragenen »Occupy Central«-Bewegung, die im Herbst 2014 mit der sogenannten Umbrella Revolution für Furore sorgte, einer knapp zweieinhalb Monate währenden Besetzung von Hongkonger Verkehrsknotenpunkten vermittels einer Zeltstadt, in der alternative Gesellschaftsformen erprobt wurden.

Hier wird nun endlich erkennbar, was Doyle umtreibt und möglicherweise auch das Erkenntnisinteresse seines Films genannt werden kann. Ist Doyles Wahlheimatstadt – die er in Wong Kar-wais Filmen mit so großer Wärme und intimer Kenntnis porträtierte – doch seit der Rückgabe an die Volksrepublik drastischen Wandlungsprozessen und enormem Druck von verschiedensten Seiten ausgesetzt. Man spürt in »Hong Kong Trilogy« die Sorge um den liebgewonnenen Charakter der Stadt und die Angst vor dessen Verlust. Man spürt aber auch den Glauben an dessen Unverwüstlichkeit, man spürt die Hoffnung.

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