Kritik zu Hancock

Trailer englisch © Sony Pictures

Noch ein Superheld, aber dieses Mal ist es Will Smith und er verkörpert einen, der seine Branche ganz schön in Verruf bringt. Doch der Film will mehr sein, als nur eine Parodie des Genres . . .

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Eine Sache hat Hancock (Will Smith) anderen Superhelden voraus: Wenn er zu einem Einsatz fliegt, muss er nicht erst in ein maßgeschneidertes Kostüm steigen. Meistens, wenn er rechtzeitig aus dem Vollrausch des Vorabends zu sich gekommen ist, fliegt er gleich in den abgetragenen Klamotten los, in denen er die Nacht auf einer Bank verbracht hat. Auch sonst ist Hancock ein eher ungewöhnlicher Vertreter seines ansonsten doch sehr angesehenen Berufsstandes: Er säuft, reißt politisch unkorrekte Witze und ist bei seinen riskanten Rettungsaktionen immer ein wenig neben der Spur. Beim Landen und Abheben zerstört er aus Unachtsamkeit und Schlendrian Straßen, Autos und Gebäude und lässt schon mal einen ganzen Zug entgleisen, um einen einzigen Mann zu retten. Da seine Sprüche außerdem ein bisschen analfixiert sind, ist es kein Wunder, dass Hancock ein schlechtes Image in der amerikanischen Öffentlichkeit hat.

Ein Publicity-Problem, das auch der Superhelden- Film insgesamt derzeit zu haben scheint. Neben Peter Bergs »Hancock« kommen nämlich mit »Der grosse Japaner – Dainipponjin« und »Superhero Movie« diesen Monat zwei weiteren Persiflagen des Genres ins Kino. »Hancock« weist dabei eine gewisse Ähnlichkeit mit »Der grosse Japaner« auf, denn auch Berg präsentiert seine Hauptfigur als jemand, dessen Begabung ihn nicht zu einem Idol, sondern zu einem sozial Ausgestoßenen gemacht hat. Hancock ist ein Superheld, dessen Taten und Worte nicht mehr konform sind mit der Gesellschaft, in deren Dienst er steht. Von der Presse wird er ebenso angefeindet wie von den Passanten auf der Straße, die nach seinen Eskapaden schon lange nicht mehr applaudieren, sondern ihn beschimpfen.

Mit großer Macht kommt eben nicht auch automatisch großes Verantwortungsbewusstsein, sondern vor allem große Publicity – die sich auch gegen den einst gefeierten Helden wenden kann. Schließlich werden alle seine Taten aufgezeichnet und kursieren dann auf YouTube, so wie die Episode mit dem gestrandeten Wal, den Hancock aufs offene Meer hinausschleudert – und dabei das einzige Schiff am Horizont versenkt.

Vor allem in der ersten Hälfte des Films funktioniert die Gratwanderung zwischen den Schauwerten des Genres und seiner Persiflierung großartig. Es macht einfach Freude, dabei zuzusehen, wie ein Superheld nicht einfach Dienst nach Vorschrift macht, sondern seine Superkräfte ab und zu zum eigenen Vergnügen einsetzt, zum Beispiel, wenn er den Fluchtwagen eines Verbrechertrios erst in der Luft jongliert und schließlich am höchsten Sendemast der Stadt aufspießt. Oder einen Jugendlichen, der ihn einmal zu oft als Arschloch bezeichnet, in den Himmel katapultiert.

Eigentlich kann bei einem Film, in dem der Spruch »Ich stecke gleich deinen Kopf in seinen Arsch« wörtlich genommen wird, ja gar nichts mehr schiefgehen, aber wie so viele amerikanische Action-Blockbuster folgt auch in »Hancock« auf den anfänglichen Exzess die erzählerische Domestizierung. Der Mann, den Hancock vor dem heranrasenden Zug gerettet hat, entpuppt sich nämlich als der gutherzige PR-Berater Ray Embray (Jason Bateman), der sich aus Dankbarkeit der Außenwirkung von Hancock annimmt. Er lässt ihn öffentliche Abbitte leisten, verschreibt ihm eine Alkoholkur und einen Gefängnisaufenthalt, steckt ihn in ein schwarzes 08/15-Lederkostüm und bringt ihm bei, sich vor jedem Einsatz höflich bei den überforderten Polizisten zu bedanken.

Doch damit nicht genug. Dass Hancock bei dieser Image-Kampagne mitspielt, liegt auch an Mary Embrey, der blonden Frau des PR-Beraters (Charlize Theron). Wer aufgrund der vielsagenden Blicke zwischen den beiden schon eine Liebesgeschichte erwartet hat, wird enttäuscht: Es kommt noch viel schlimmer. Mit der Enthüllung eines völlig absurden Geheimnisses über die Herkunft Hancocks mutiert der Film im letzten Drittel plötzlich zu einem leicht mystischen Familiendrama, das sich und seine Cartoon-Figuren viel zu ernst nimmt und endlos viel Zeit braucht, um seine abstruse Geschichte zu erzählen. Vollkommen zu kurz kommt bei diesen ständigen Wechseln zwischen Parodie, Drama und Fantasy gegen Ende leider die Action. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass in »Hancock« eine der wichtigsten Ingredienzen für einen Superhelden-Film fehlt, nämlich ein ernstzunehmender Super-Bösewicht mit finsteren Absichten und allem, was dazu gehört. Man sollte eben auch bei einer Persiflage nicht alle Regeln des Genres über Bord werfen.

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